© 1984, 1996, 1997, 1999, 2002 Per N. Döhler, Barendorf. Alle Rechte, insbesondere das der Vervielfältigung auf elektronischem oder anderem Wege, vorbehalten. Kopien dürfen nur zum Eigengebrauch auf dem eigenen Computer angefertigt werden. Der Text oder Teile davon dürfen nicht in eigene elektronische oder andere Dokumente übernommen werden. Es wird empfohlen, statt dessen auf diese Seite zu verweisen (www.triacom.com/content.archive/semprag.de.html).

Semantik und Pragmatik der Modalität im Englischen

Inhalt

1 Gegenstand und Voraussetzungen der Untersuchung

1.1. Untersuchtes Phänomen: Modalität
1.1.1. Nichtepistemische Modalität
1.1.2. Epistemische Modalität
1.2. Untersuchte sprachliche Kategorie: Modalverben
1.3. Untersuchtes Material: Das Korpus
1.4. Untersuchungsansatz: Modalität und Modalverben im Spannungsfeld zwischen Semantik und Pragmatik
1.4.1. Typen bisheriger Forschungsansätze
1.4.1.1. Traditionelle Grammatiken und Handbücher
1.4.1.2. Strukturalistische Analysen
1.4.1.3. Matrixanalysen
1.4.1.4. Grundbedeutungs-Analysen
1.4.1.5. Komponentenanalysen
1.4.1.6. Sprechakttheoretische Analysen
1.4.1.7. Frank R. Palmer
1.4.2. Semantische Komponente des gewählten Untersuchungsansatzes
1.4.3. Pragmatische Komponente des gewählten Untersuchungsansatzes
1.4.4. Grundhypothesen

2 Semantik der Modalverben

2.1. Dimensionen des semantischen Feldes der Modalverben
2.2. Grundbedeutungen einzelner Modalverben
2.2.1. CAN
2.2.2. MAY
2.2.3. MIGHT
2.2.4. MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO
2.2.5. WILL/WANT TO
2.2.6. SHALL

3 Pragmatik der Modalverben

3.1. Sprechakttypen und Grundbedeutung
3.1.1. CLAIM (BEHAUPTUNG)
3.1.2. TELL (SELBSTDARSTELLUNG)
3.1.3. REMARK (BEMERKUNG)
3.2. Modalverben, Sprechakttypen und übertragener pragmatischer Gebrauch
3.2.1. CAN
3.2.1.1. REQUEST (BITTE/BEFEHL)
3.2.1.2. SUGGEST (RATSCHLAG)
3.2.1.3. PROPOSE (VORSCHLAG)
3.2.1.4. WILLING (ANGEBOT)
3.2.1.5. COMPLAIN (BESCHWERDE)
3.2.1.6. Andere Sprechakte
3.2.2. MAY
3.2.3. MIGHT
3.2.4. MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO
3.2.4.1. REQUEST (BITTE/BEFEHL)
3.2.4.2. SUGGEST (RATSCHLAG)
3.2.4.3. PROPOSE (VORSCHLAG)
3.2.4.4. COMPLAIN (BESCHWERDE)
3.2.4.5. EXCUSE, JUSTIFY und CONDONE
3.2.5. WILL
3.2.5.1. UNDERTAKE SELBSTVERPFLICHTUNG)
3.2.5.2. REQUEST (BITTE/BEFEHL)
3.2.5.3. SUGGEST (RATSCHLAG)
3.2.5.4. WILLING (ANGEBOT)
3.2.5.5. Andere Sprechakte
3.2.6. SHALL
3.2.6.1. UNDERTAKE (SELBSTVERPFLICHTUNG)
3.2.6.2. REQUEST (BITTE/BEFEHL)
3.2.6.3. SUGGEST (RATSCHLAG)
3.2.6.4. PROPOSE (VORSCHLAG)
3.3. Epistemische Modalität: OPINE ("MEINUNGSÄUSSERUNG")
3.3.1. Unterschiede zwischen epistemischem und nichtepistemischem Gebrauch der Modalverben
3.3.2. Die Beziehungen zwischen den Parametern der Grundbedeutung und deParametern des epistemischen Gebrauchs der Modalverben
3.3.3. Epistemisches CAN
3.3.4. Epistemisches MAY
3.3.5. Epistemisches MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO
3.3.6. Epistemisches WILL
3.3.7. Epistemisches SHALL

4 Schlußbemerkungen

5 Bibliographie

6 Grafische Konventionen

7 Anmerkungen

1 Gegenstand und Voraussetzungen der Untersuchung ­ Inhalt

Die vorliegende Arbeit hat den Anspruch, etwas Licht auf einige semantische und pragmatische Aspekte der Modalität im Englischen zu werfen. Allerdings ist diese Zielsetzung zunächst zu unbestimmt, als daß man ohne die explizite Darstellung einiger wichtiger Prämissen direkt zur detaillierten Analyse beobachteter sprachlicher Daten übergehen könnte.

Vielmehr muß das Untersuchungsgebiet von vornherein hinreichend klar umrissen und eingegrenzt werden. Das folgende Kapitel widmet sich dieser Aufgabe und soll zugleich einige wichtige Begriffe vermitteln und den theoretischen Standpunkt der Arbeit bestimmen helfen.

Im einzelnen gilt es, Klarheit zu schaffen über:

1 Das untersuchte Phänomen: Modalität. Es muß definiert werden, was darunter verstanden werden soll und welche Untergliederungen notwendig sind.

2 Die untersuchte sprachliche Kategorie. Es gilt hier, diejenigen sprachlichen Kategorien zu definieren, in denen sich das untersuchte Phänomen manifestiert. Aus praktischen Erwägungen heraus ist eine Auswahl der zu beobachtenden Kategorien zu treffen.

3 Das untersuchte Material. Es gilt zu bestimmen, anhand welcher linguistischer Daten Untersuchungsergebnisse gewonnen und erklärt werden sollen.

4 Den Untersuchungsansatz. Hierunter ist die Ebene linguistischer Analyse zu verstehen, auf der das zu Untersuchende betrachtet wird. In der Wahl der Untersuchungsebene manifestiert sich das Erkenntnisinteresse des Untersuchenden sowie sein Urteil darüber, auf welcher Betrachtungsebene das untersuchte Phänomen seine Relevanz entfaltet.

Beginnend mit dem ersten Punkt - dem untersuchten Phänomen - sollen diese Voraussetzungen im folgenden geschaffen werden.

 


1.1 Untersuchtes Phänomen: Modalität ­ Inhalt

Der Begriff der Modalität stammt aus der formalen Logik. Dieser Ursprung ist auch heute noch vielen Linguisten für ihre Behandlung der sprachlichen Modalität ausschlaggebend. So beginnt auch der Artikel "Modalität" in LEVANDOWSKIs linguistischem Wörterbuch mit der logischen Definition der Modalität:

1. In der Logik die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, Notwendigkeit oder Zufälligkeit von Aussagen bzw. die Art und Weise, in der Prädikate Subjekten zukommen, im Gegensatz zur Wahrheit oder Falschheit von Aussagen1.

Ausgehend von dieser Definition wird der Begriff der Modalität auf die Sprache übertragen:

2. Eine... Kategorie, die das Verhältnis des Sprechers zur Aussage und das der Aussage zur Realität bzw. zur Realisierung eines Gegebenen zum Ausdruck bringt...2

Eine modale Aussage ist eine Aussage "höherer Ordnung". Sie besteht aus zwei Teilen, der Grundaussage (sie entspricht dem, was bei LEWANDOWSKI die Aussage an sich genannt wird) und der modalen Komponente, die die in der Definition von LEWANDOWSKI unter 2. angeführte Modalität beinhaltet.

Aussagen zeichnen sich in der formalen Logik dadurch aus, daß man ihnen einen Wahrheitswert (falsch oder wahr) zuordnen kann. Bei der Betrachtung modaler Aussagen muß man sich von dieser Vorstellung lösen. Die Grundaussage ist dort aussagenlogisch unbestimmt.

Ich will dies einmal an einem Beispiel demonstrieren. Dabei bediene ich mich der Konvention, die der Aussage zugrundeliegende Proposition, die in Subjekt und Prädikat zerfällt, formelhaft so darzustellen:

(A,p)

Setzt man einmal als Subjekt "Suzie" ein und als Prädikat "drive a truck", so gelangt man zu der Proposition

(Suzie,drive a truck)

Auf der Basis dieser Proposition kann man eine einfache Aussage bilden, zum Beispiel über eine gegenwärtig ausgeführte Handlung:

Suzie is driving a truck.

Dieser einfachen Aussage kann ein Wahrheitswert zugeordnet werden - entweder stimmt es, daß Suzie gerade einen Laster fährt, oder es stimmt nicht. Soweit lassen sich die Grundsätze der formalen Logik anwenden.

Bildet man aber aufgrund derselben Proposition eine modale Aussage, dann kann die Grundaussage aussagenlogisch unbestimmt sein3. Vom Standpunkt des Sprechers aus gesehen kann diese Unbestimmbarkeit der Aussage zwei Gründe haben:

1 Die Grundaussage bezieht sich auf eine (noch) nicht realisierte zukünftige Handlung.

2 Der Sprecher weiß nicht mit Bestimmtheit, ob die Grundaussage wahr ist.

Diese beiden möglichen Gründe für die Unbestimmbarkeit des Wahrheitswerts der Grundaussage charakterisieren zwei Arten der Modalität. Ich betrachte die erste Art als für den Bereich der Sprache, mit dem ich mich befassen will, den Bereich der Modalverben, als grundlegender und nenne sie deswegen Modalität schlechthin; nur wenn eine ausdrückliche Abgrenzung notwendig ist, gebrauche ich die Bezeichnung nichtepistemische Modalität. Die zweite Art der Modalität ist die epistemische Modalität.

 


1.1.1 Nichtepistemische Modalität ­ Inhalt

Die modale Komponente einer nichtepistemischen modalen Aussage gibt an, welche von den Vorbedingungen für das Eintreffen oder Nichteintreffen einer zukünftigen Handlung vorliegt. Thematisiert wird immer nur eine bestimmte Bedingung. Bezieht sich also die obige Proposition (Suzie, drive a truck) auf die Zukunft, dann ist es noch nicht unveränderlich festgelegt, ob Suzie den Laster fahren wird und unter welchen Bedingungen. Wenn nun über dieser Proposition eine modale Komponente wie "Fähigkeit"4 operiert, dann erhalten wir die modale Aussage

Suzie can drive a truck.

was uns sagt, daß eine der notwendigen Bedingungen für das Eintreffen der beschriebenen Handlung, also für die Wahrheit der Grundaussage, vorliegt. Läge sie nämlich nicht vor, wie in

Suzie can't drive a truck.

dann kann die Handlung auch nicht stattfinden. Lautet aber die modale Aussage

Suzie must drive a truck.

so wird eine andere Vorbedingung bzw. ein anderer für die Ausführung der Handlung wichtiger Faktor thematisiert, nämlich ein äußerer Zwang.

Die Formel für eine modale Aussage lautet:

mod(A,p)

Die Proposition, die ich als Beispiel benutzt habe, hat ein handlungsfähiges Subjekt (Agens) und eine Handlung als Prädikat. (Daher wurde auch das Subjekt in den Formeln mit A abgekürzt.) Wir haben es hier mit dem Prototyp einer Grundaussage zu tun, über der die modale Komponente operieren kann5.

Zwar ist es heute möglich, modale Aussagen mit unbelebten Subjekten oder mit einem (agenslosen) Ereignis oder einem Zustand als Prädikat zu verwenden. Aber es handelt sich dabei um spätere Übertragungen (abgeschlossen etwa mit dem Übergang zum Altenglischen), und es lassen sich viele Beispiele finden, wo sich hinter einem Ereignis oder einem Zustand doch eine Handlung versteckt:

I will be there at six tomorrow.

Das Subjekt muß sich erst an den betreffenden Ort verfügen (Handlung), um dort sein zu können (Zustand). Die Konstruktion modale Komponente - Agens - Handlung ist aber die grundlegende und wird auch heute noch so empfunden.

 


1.1.2 Epistemische Modalität ­ Inhalt

Anders ist es bei der zweiten Art, der epistemischen Modalität.

Im Gegensatz zur nichtepistemischen Modalität, die verschiedene Vorbedingungen für das Eintreffen einer Handlung thematisiert:

mod (A,p)

ist es die Funktion der epistemischen Modalität

to make judgments about the possibility, etc., that something is or is not the case. Epistemic modality is, that is to say, the modality of propositions rather than actions, states, events, etc.6

Die epistemische Modalität drückt also nicht die Beziehung zwischen dem Subjekt/Agens A und dem Prädikat p aus, sondern die Beziehung zwischen dem Sprecher S (bzw. seinem Urteilsvermögen) und der Proposition (A,p) aus, d.h. seine Einschätzung des Wahrheitwerts oder auch seine Unsicherheit in bezug auf den Wahrheitswert:

modE ( S ( believe ( A,p ) ) )

Aus der Beispielproposition kann man folgende epistemisch-modale Aussage bilden:

Suzie may be driving a truck.

Dies ist eine Vermutung des Sprechers darüber, was Suzie im Moment tut. Prototypische Prädikate in epistemisch-modalen Aussagen bezeichnen einen Zustand, nicht eine Handlung. Man könnte sagen, daß die Natur der epistemischen Modalität statisch, die der nichtepistemischen Modalität dynamisch ist. Allerdings sind auch andere Prädikate möglich, wie die obigen Beispiele zeigen7.

 


1.2 Untersuchte sprachliche Kategorie: Modalverben ­ Inhalt

Das sprachliche Phänomen "Modalität" kann auf verschiedene Arten realisiert werden, insbesondere grammatisch, lexikalisch und intonatorisch. Die im Rahmen dieser Arbeit zu behandelnde Möglichkeit der Realisierung ist lexikalisch und grammatisch. Dabei gibt es verschiedene Untergliederungen. Modalität wird im Englischen vorzugsweise durch den Gebrauch von Modaladverbien und Modalverben ausgedrückt; die im Deutschen stark ausgeprägte Verwendung von Modalpartikeln spielt im Englischen kaum eine Rolle. In der vorliegenden Arbeit befasse ich mich mit den Modalverben als Ausdrucksmittel der Modalität im Englischen.

Die englischen Modalverben kennzeichnen sowohl epistemische als auch nichtepistemische Modalität. Es handelt sich dabei nicht um zufällige Homonyme. SWEETSER führt dazu aus:

I shall suggest that root modal meanings are extended to the epistemic domain precisely because we view our reasoning processes as being subject to compulsions, obligations and other modalities, just as our real-world actions are subject to modalities of the same sort8.

SWEETSER argumentiert an anderer Stelle, daß sich vergleichbare Übertragungen auch in anderen Sprachen vollzogen haben9 und daß es sich daher um eine allgemein verbreitete Wahrnehmungsweise der beiden Arten von Modalität handeln muß.

Traditionell werden aufgrund formaler syntaktischer Eigenschaften hauptsächlich can/could, may/might, must, will/would, shall/should und eventuell noch ought to, need, dare als Modalverben angesehen. Aufgrund dieser formalen syntaktischen Eigenschaften stellen sich die Modalverben als Verben dar, die sich aber von anderen Verben, die ein verbales Komplement akzeptieren, abheben10. Doch schon die Schulgrammatiken sind gezwungen, die formal andersartigen BE ABLE TO, BE ALLOWED TO, HAVE TO usw. mit einzubeziehen, in der Regel mit der Begründung, daß sie die traditionell als solche bezeichneten Modalverben in den fehlenden Tempora ersetzen.

Eine solche Definition der Modalverben scheint mir für die Betrachtung der Modalverben unter semantischen und pragmatischen Aspekten ungeeignet. Im herkömmlichen Katalog nicht enthaltene Elemente werden genauso wie die anderen verwendet und sind unter semantisch-pragmatischen Aspekten ebenso als Modalverben einzustufen.

Aus dem gerade Gesagten ergeben sich aber die nächsten Probleme. Die Kategorie der Modalverben kann und soll nicht ins Uferlose erweitert werden. Hier muß also eine Auswahl getroffen werden. Im Rahmen dieser Arbeit werden folgende Lexeme als Modalverben angesehen und besprochen:

can/could
may/might
must
will/would
shall/should
have to
have got to
want to

Damit soll keineswegs gesagt werden, daß dies eine erschöpfende Liste der Modalverben sei. Vieles des in dieser Arbeit Gesagten läßt sich auch auf andere Modalverben anwenden. Mir scheinen jedoch die ausgewählten Modalverben die zentralen Ausdrucksformen der Modalität zu sein, denen gegenüber andere Modalverb-Lexeme in ihrer Wichtigkeit (auch nach Häufigkeitskriterien) zurücktreten.

 


1.3 Untersuchtes Material: Das Korpus ­ Inhalt

Eine Arbeit, deren Schwerpunkt auch auf pragmatischem Gebiet, auf dem tatsächlichen Gebrauch der Sprache, liegt, kommt ohne empirische Daten nicht aus. Andererseits lassen Natur und Umfang der vorliegenden Arbeit die zeitaufwendige und immer problematische Erstellung und Auswertung eines eigenen Korpus nicht zu.

Aus diesem Grunde habe ich auf bereits bestehendes Datenmaterial zurückgegriffen. Das Korpus von Daten, dessen ich mich bedient habe, stammt aus einem Forschungsprojekt der Ruhr-Universität Bochum, das sich mit dem Lehren und Lernen kommunikativer Fähigkeiten beschäftigte. Dieses Datenmaterial ist seitdem von verschiedenen Forschern unter unterschiedlichen Aspekten ausgewertet worden. Ich möchte an dieser Stelle Frau Professor Juliane House-Edmondson dafür danken, daß sie mir die Daten zugänglich gemacht und mir - stellvertretend für die anderen Mitglieder des Forschungsprojekts - ihre Verwendung in dieser Arbeit gestattet hat.

Das Korpus besteht aus 41 Dialogen zwischen jeweils zwei Personen. Dabei handelt es sich nicht um spontane Dialoge. Vielmehr wurden die Dialoge unter kontrollierten Bedingungen auf Band aufgenommen. Die Dialogpartner hatten innerhalb eins Rollenspiels die ihnen zugedachten Rollen zu übernehmen. Es handelte sich bei den Sprechern um Studenten der Universität Essex, sämtlich muttersprachliche Sprecher des (britischen) Englisch. Die Dialoge sind so angelegt, daß sie einerseits ein möglichst diverses Spektrum von Themen darstellen, andererseits den Sprechern die Rollen, die sie zu übernehmen hatten, nicht fremd waren. Die sich daraus ergebenden Dialoge haben den Vorteil größtmöglicher Kontrollierbarkeit des Gesprächskontextes, verbunden mit größtmöglicher Natürlichkeit des Gesprächsverhaltens11.

Ich glaube nicht, daß die artifizielle Situation des Rollenspiels großen Einfluß auf die Verwendung der Modalverben in den Dialogen hatte. Denn bei den Modalverben handelt es sich um einen Bereich der Sprache, der im Bewußtsein des durchschnittlichen Sprechers wenig strukturiert ist und wo er oder sie Entscheidungen zugunsten der Verwendung des einen oder anderen Modalverbs auf einer "rein gefühlsmäßigen" Basis trifft, ohne daß das Bewußtsein für etwa vorhandene Regeln vorhanden wäre:

...When English is learned natively the meanings of those eight modals are learned so extremely early... that as an adult one has left them buried deep in one's subconscious where they are inaccessible to rational scrutiny by anyone but a ruthless professional analyst of languages12.

Das Korpus liegt mir in transkribierter Form vor. Die Orthographie ist weitgehend traditionell; phonetische Annäherungen werden nur gelegentlich bei Kürzungen wie gonna und manchen Phänomenen der Hesitation gemacht. Die Intonation ist in der Transkription markiert (gekennzeichnet sind auch Überlappungen der Gesprächsbeiträge) und gibt, wo angebracht, kurze Kommentare zum extralinguistischen, aber für das Gespräch relevanten Verhalten der Gesprächspartner. Auf konventionelle Interpunktion wird verzichtet.

Ich bin mir darüber im klaren, daß ein Korpus dieser Größenordnung keine allzu große an statistische Aussagekraft haben kann. Ich habe auch Gebrauchsweisen eines Modalverbs anerkannt, die nicht im Korpus belegt waren. Etwaige quantitative Beobachtungen, die aus der Analyse des Korpus entstanden sind, sind mit Zurückhaltung zu bewerten. Daher habe ich auch nur dort auf Häufigkeit oder Seltenheit einer Verwendung geschlossen, wo das Datenmaterial sehr deutlich in eine Richtung tendierte.

Ich habe also das Korpus verwendet als Rohmaterial für Belege und Beispiele sowie für die Analyse unübersehbarer Tendenzen und als Quelle der Nachdenklichkeit über manche Phänomene. Wo immer Beispiele zur Illustration einer Behauptung nicht zu finden waren, habe ich entweder eigene Beispiele angeführt oder Beispiele aus der Literatur übernommen.


1.4 Untersuchungsansatz: Modalität und Modalverben im Spannungsfeld zwischen Semantik und Pragmatik ­ Inhalt

Nachdem der Gegenstand der Untersuchung umrissen ist, gilt es jetzt darzulegen, von welchem Standpunkt aus er untersucht werden soll. Die vorliegende Arbeit betrachtet Aspekte der Semantik und der Pragmatik.

Dieser Ansatz schließt Überlegungen der (Morpho-) Syntax weitgehend aus oder beschränkt sie auf Hilfsfunktionen. Es wurde ja schon bei der Auswahl der zu untersuchenden Lexeme deutlich, daß ich mich nicht auf die Lexeme beschränkt habe, die gewisse formale Gemeinsamkeiten aufweisen. Im Gegensatz hierzu beginnen viele Autoren ihre Betrachtungen mit der Abgrenzung der untersuchten Modalverben nach formalen Kriterien. Dies halte ich für den hier gewählten Untersuchungsansatz nicht für glücklich, da sich andere als die syntaktisch isolierbaren Lexeme semantisch und pragmatisch ebenso wie diese verhalten.

Die Begriffe Semantik und Pragmatik bedürfen einer inhaltlichen Klärung. Ich sehe Semantik und Pragmatik als zwei voneinander abgrenzbare Bereiche. Ihnen ist allerdings gemeinsam, daß sie Bedeutungen, also Beziehungen zwischen der "Welt der Zeichen" und der "Welt der Dinge", untersuchen. LEECH erklärt generalisierend den Unterschied zwischen pragmatischer Bedeutung und semantischer Bedeutung so:

... Meaning in pragmatics is defined relative to a speaker and user of the language, whereas meaning in semantics is defined purely as a property of expressions in a given language, in abstraction from particular situations, speakers, or hearers13.

Dieser Definition möchte ich mich grundsätzlich anschließen.

Bezogen auf Modalverben folgt hieraus, daß es zu unterscheiden gilt zwischen der semantischen Bedeutung eines Modalverbs einerseits und der pragmatischen Bedeutung eines in einer konkreten Situation beobachteten Gebrauchs eines Modalverbs andererseits. Die Mehrzahl der bisherigen Forschungsansätze berücksichtigt diese notwendige Trennung nicht oder nur ansatzweise oder unsystematisch.

 


1.4.1 Typen bisheriger Forschungsansätze  ­ Inhalt

Die erschienenen Untersuchungen über die Bedeutungen der Modalverben lassen sich grob in etwa sieben Gruppen einteilen. Sie sollen im folgenden anhand von jeweils einem Beispiel kurz skizziert werden.


1.4.1.1 Traditionelle Grammatiken und Handbücher  ­ Inhalt

R.W. Zandvoort
A Handbook of English Grammar
5., revidierte Auflage. London: Longmans, 1966

 

Die Behandlung der Modalverben in ZANDVOORTs bekannter und vielzitierter Grammatik ist typisch auch für andere traditionelle Grammatiker. Seine Darstellung ist vielseitig und versucht im Rahmen des Vertretbaren fein zu differenzieren. Dabei arbeitet ZANDVOORT mit abstrakten semantischen Paraphrasen, die aus der Alltagssprache stammen und nicht weiter problematisiert werden:

MUST usually expresses a necessity, frequently a command, sometimes an assumption or conclusion. With NOT it expresses a prohibition... In such (past-time) contexts MUST may also serve to denote some foolish or annoying action or some untoward... event14.

Man sieht, daß hier nicht zwischen der epistemischen und der nichtepistemischen Modalität unterschieden wird. Was genau ein Modalverb unter welchen Bedingungen bezeichnet, wird ebenfalls nicht genauer untersucht. Grundlegende und marginale Bedeutungen sind nicht voneinander unterschieden.

Der Benutzer der Grammatik findet sich zwischen den verschiedenen Bedeutungsbeispielen nur schwer zurecht, da Bewertungskriterien nicht angegeben werden. Diese Kritik richtet sich aber nicht speziell gegen ZANDVOORTs Grammatik, sondern ebenso gegen andere bekannte Grammatiken des Englischen. Die erst in neuerer Zeit reichlicher vorhandene Literatur zur Semantik hat in sie alle noch keinen Eingang gefunden. Pragmatische Aspekte bleiben weitgehend ungeklärt.


1.4.1.2 Strukturalistische Analysen  ­ Inhalt

W.F. Twaddell
The English Verb Auxiliary
Providence, Rhode Island: Brown University Press, 1963

 

Die strukturalistische Analyse TWADDELLs, die als Vorläufer der Matrixanalysen wie denen von JOOS oder BOUA angesehen werden kann, gibt zu jedem Modalverb eine Beschreibung der formalen semantischen Kategorien, die von ihm erfaßt werden. Die semantischen Paraphrasen sind abstrakter und auch eindeutiger als die in den Grammatiken seiner Zeit.

can inherent or permanent ability or possibility

dare inherent moral ability or justification

may contingent possibility, authoritative permission

need necessity contingent upon instruction or suggestion

shall program contingent upon instruction or suggestion

ought obligation, program of moral action

will predication, inherent futurity15

 

Neben dieser theoretischen Beschreibung macht TWADDELL Ausführungen über den Gebrauchswert der einzelnen Modalverben, wie zum Beispiel über OUGHT, NEED, DARE:

Some of them are passing into the category of catenatives (with following "to"), and their former modal functions are increasingly taken over by other modals or catenatives, either wholly or partly via suppletion16.

TWADDELL bietet in äußerster Kürze manchen interessanten Ansatz. Dieses Verdienst wird eigentlich nur wenig dadurch geschmälert, daß zwischen den beiden Arten der Modalität sowie zwischen Semantik und Pragmatik nicht unterschieden wird und Beispiele kaum angeführt werden.


1.4.1.3 Matrixanalysen  ­ Inhalt

Martin Joos
The English Verb: Forms and Meanings
Madison: University of Wisconsin Press, 1964

 

Für JOOS umfaßt das Spektrum der modalen Aussagen acht Möglichkeiten, die sich in einer dreidimensionalen Matrix anordnen lassen. Dementsprechend beschreibt er drei bedeutungsdifferenzierende Parameter in Form von binären Oppositionen:

 

CASUAL STABLE
ADEQUATE CONTINGENT
ASSURED POTENTIAL

Diese Kategorien sind wie folgt definiert:

CASUAL

Die handlungsbestimmenden Faktoren sind Ergebnis von Zufall und Stimmungen
WILL, SHALL, CAN, MAY

STABLE

Die handlungsbestimmenden Faktoren sind "mores" der Gesellschaft
MUST, OUGHT TO, DARE, NEED

ADEQUATE

Vollständigkeit der handlungsbestimmenden Faktoren
WILL, SHALL, MUST, OUGHT TO

CONTINGENT

Lücke in den handlungsbestimmenden Faktoren
SHALL, MAY, OUGHT TO, NEED

ASSURED

Sanktionen bei Nichteintreten des Ereignisses
WILL, SHALL, MUST, OUGHT TO

POTENTIAL

Keine Sanktionen bei Nichteintreten des Ereignisses
CAN, MAY, DARE, NEED17

 

Es finden sich in JOOS' Analyse leider entscheidende Schwächen, sowohl im theoretischen Konzept als auch in der Anwendung auf das von ihm untersuchte Material.

Die Begründung für die drei Parameter der Modalverbenmatrix ist apriorisch. Die Besonderheiten der epistemischen Modalität erkennt man in Teilen der theoretischen Begründung, ohne daß auf sie näher eingegangen würde.

Das muß natürlich auch bei der Anwendung der Theorie zu Schwierigkeiten führen, besonders wenn - wie fast überall in der Literatur - nicht zwischen semantischer Basis und Gebrauchskonvention unterschieden wird.

JOOS sieht sich veranlaßt, zwischen "mature usage" und "immature usage" zu unterscheiden18. Dies ist eine einer sachlichen Darstellung nicht angemessene präskriptive Tendenz, und das Kriterium, ob der Sprecher "alle Parameter logisch verwendet"19, ist doch sehr vom subjektiven Urteil des Betrachters abhängig.

Schwerwiegender ist aber die Einführung einer konkurrierenden Matrix, des "archaischen" Sets der Bedeutungskomponenten20. JOOS braucht sie, um bestimmte Verwendungsweisen erklären zu können. Dieses Vorgehen entwertet nicht nur die Allgemeingültigkeit der vorher dargestellten Matrix, sondern es läßt auch noch die Frage offen, woran ein Hörer denn erkennen soll, ob eine bestimmte Verwendung eines Modalverbs nun der "archaischen" oder der "heutigen" Norm entspricht. JOOS erkennt aber hier die Diskrepanz zwischen semantischer und pragmatischer Bedeutung, wenn er sie auch auf eine unbefriedigende Weise erklärt.

Zusammenfassend ist zu sagen, daß JOOS, einer der Hauptvertreter der Matrixanalyse, sowohl die Stärken als auch die Schwächen dieses Ansatzes am besten verdeutlicht. Sein System ist elegant und theoretisch-logisch leicht nachzuvollziehen. Es erklärt auch eine Vielzahl der von ihm angeführten Beispiele. Jedoch wird es an vielen Stellen zu sehr strapaziert; es werden offensichtliche Widersprüche nicht zum Anlaß genommen, die Theorie zu überarbeiten und Sonderfälle zu integrieren. Die Schärfe der Analyse fällt dem Verlangen nach Eleganz der Darstellung nur zu häufig zum Opfer.



Lowell Bouma
The Semantics of the Modal Auxiliaries in Contemporary German
The Hague/Paris: Mouton, 1973

Lowell Bouma
"On Contrasting the Semantics of the Modal Auxiliaries in Contemporary English"
In: Lingua 37 (1975), 313-339

BOUMA (1973) entwirft in seinem Buch eine Theorie des Systems der deutschen Modalverben. Er lehnt sich dabei nach eigenen Aussagen an JOOS an. Er postuliert auf semantischer Ebene sechs Beziehungen (zwischen Realität und Aussage) in zwei Dimensionen:

 

  imminent biased precarious
objective MUSS SOLL DARF
subjective WILL MAG KANN21

Neu ist hier, daß eine der Dimensionen nicht binär ist. Weiterhin interessant ist die Unterteilung in "objektive" und "subjektive" Modalverben. 1975 überträgt er dann das gefundene System auf das Englische:

 

  imminent biased precarious
objective MUST
HAVE TO
OUGHT TO
SHALL
SHOULD
MAY
subjective WILL
WANT TO
WOULD LIKE TO CAN22

Das Set der betrachteten Modalverben ist nicht auf den Bereich der "klassischen" Modalverben beschränkt, sondern BOUMA bezieht auch andere Lexeme mit ein, die semantische Funktionen von Modalverben haben.

Die Unterscheidung zwischen subjektiven und objektiven Modalverben zeigt Verständnis für Sprechereinstellungen. Aber den Schritt zu einer pragmatischen Theorie, die die semantische Theorie ergänzt, unternimmt BOUMA nicht. Die vielen wertvollen Bemerkungen zu einzelnen Verwendungen werden immer wieder in das Schema seiner (semantischen) Matrix gezwungen. Fast drängt sich der Eindruck auf, daß hier Erkenntnisse nicht durch die Theorie, sondern trotz der Theorie gewonnen wurden.

Man kann schließen, daß die Form der Matrixanalyse das Problem der Modalität nicht ausreichend erklärt. Bereits EHRMAN23, aber auch PALMER24 haben ähnliche Vorbehalte.


1.4.1.4 Grundbedeutungs-Analysen  ­ Inhalt

Madeline Ehrman
The Meaning of the Modals in Present-Day American English
The Hague und Paris: Mouton, 1966

 

EHRMAN versucht, nach ihren Beobachtungen zu den Modalverben auf der Basis eines umfangreichen amerikaischen Korpus eine Liste semantischer Grundbedeutungen der Modalverben aufzustellen.

It was my feeling before beginning, and it is still my feeling, that the idea of symmetrical or exceptionless semantic arrangement has been so appealing to students of the modal auxiliary that they have tended to overlook arrangements which are less tidy but perhaps correspond better to present-day usage25.

Sie gelangt unter anderem zu folgenden Ergebnissen:

CAN: nothing in the state of the world prevents the predication: A. there are certain positive qualities of the subject such that the way is cleared for the predication; B. no lack of permission prevents the predication; C. nothing in the state of the world prevents the occurrence of the predication.

MAY: nothing in the state of the world prevents the predication, and furthermore there is no guarantee that the predication will not occur.

WILL: the occurrence of the predication is guaranteed, either in a concrete (future time function) or a general (neutral time function) context: A. subject's volition has something to do with the guarantee; B. the predication is a natural consequence or concomitant of another factor or predication26.

EHRMANs Buch bietet eine Fülle sorgfältig gesammelten und kommentierten Materials, doch eine formaltheoretische Basis für diesen Ansatz fehlt weitgehend. Die "Grundbedeutungs"-Analyse, so sehr sie auch intuitiv ansprechend ist, läßt viele Fragen offen. PALMER27 weist auf mehrere Beispiele hin, in denen EHRMANs Grundbedeutung eine Reihe möglicher Verwendungen von Modalverben nicht erklärt. Meines Erachtens liegt dies wiederum daran, daß die Grundbedeutungen semantisch sind, aber oft pragmatische Verwendungsweisen erklären müssen. PALMER erkennt aber auch nicht diesen Grund, warum EHRMANs Analyse unvollkommen bleiben muß.


1.4.1.5 Komponentenanalysen  ­ Inhalt

Geoffrey N. Leech
Towards a Semantic Description of English
London: Longman, 1969 (Kapitel 9: "Modality", 202-236)

 

LEECH versucht im Gegensatz zu EHRMAN (Seite 26), eine strukturierte Analyse der semantischen Komponenten der Modalverben zu geben:

My own view is that a structural and componential analysis can go a long way toward explaining the use of these (modal) auxiliaries, even though psychological and situational pressures (modesty, politeness, irony) conspire to strengthen or weaken, to widen or narrow, their use in certain contexts28.

Die Trennung zwischen Semantik und Pragmatik ist hier also bewußt vollzogen. Auch eine Art Feldeinteilung der Modalverben nimmt LEECH vor:

 

'Permission' MAY(1)
CAN(1)
MUST(1)
HAVE TO(1)
'Obligation'
'Possibility' MAY(2)
CAN(2)
MUST(2)
HAVE TO(2)
'(Logical)
Necessity'
'Willingness' WILL(1)
SHALL(1)
WILL(2)
WILL(2)29
'Insistence'

Die Tabelle zeigt auf der linken Seite verschiedene Arten der Möglichkeit und auf der rechten verschiedene Arten der Notwendigkeit. Doch trotz dem Eindruck, den man aus dieser Tabelle gewinnt, sind die von LEECH postulierten semantischen Komponenten nicht direkt binär und auch nicht Parameter einer Matrix. Sie sind voneinander abhängig und nicht immer alle notwendig zur Beschreibung der Bedeutung eines Modalverbs. LEECH gibt folgende Parameter für die Beschreibung der Modalverben:

Causation (bidirektional)
Actuality (binär)
Constraint (schwach oder stark)
Authority (bidirektional)
Volition (bidirektional)
Ability (bidirektional)
Probability (binär)30

 

Ob diese Komponenten aber in irgend einer Form psychologisch real sind, dafür bleibt LEECH die Erklärung schuldig.


1.4.1.6 Sprechakttheoretische Analysen  ­ Inhalt

Julian Boyd/J. P. Thorne
"The Semantics of Modal Verbs"
In: Journal of Linguistics 5 (1969), 57-73

Bei diesem Artikel handelt es sich um den Versuch, die frühe Sprechakttheorie in eine Untersuchung der Modalverben zu integrieren31. Dabei zeigt sich - entsprechend dem Stand von 1969 - ein großer Einfluß von AUSTINs How to do Things with Words32, denn BOYD/ THORNE analysieren modale Aussagen als ein verstecktes performatives Verb enthaltend, manchmal dazu auch noch ein "konstatives" Verb. Daraus ergeben sich komplexe formalisierte Paraphrasen:

He may go =

1. I state neg I state non-past neg He go non-past
(I don't deny he goes)

2. I state neg Some proform imp non-past Him neg
He go non-past
(permission)33

 

Hierbei handelt es sich allerdings nicht eigentlich um einen pragmatischen Ansatz, sondern um eine sprechakttheoretisch verkleidete Komponentenanalyse. Es wird also trotz des unzweifelhaft vorhandenen Bewußtseins für Zusammenhänge und Unterschiede zwischen Semantik und Pragmatik die Pragmatik der Modalverben nicht erhellt.


1.4.1.7 Frank R. Palmer  ­ Inhalt

Frank R. Palmer
Modality and the English Modals
London: Longman, 1979

Frank R. Palmer
"Modals and Actuality"
In: Journal of Linguistics 13 (1977), 1-23

 

PALMER (1979) ist die bisher umfassendste und genaueste Analyse der Modalität im Englischen. Sie hat nicht den Anspruch, ein sauberes und elegantes System der Modalverben zu bieten. PALMER zieht es vor, zu beobachten und differenziert darzustellen. Daher läßt sich sein Buch nicht einem der zuvor skizzierten Ansätze zuordnen.

Palmer unterscheidet zwischen

epistemischer Modalität
deontischer Modalität
dynamischer Modalität

 

wobei die letztere wieder in neutrale und subjektive Modalität unterteilt wird. Weiterhin unterscheidet er innerhalb dieser Formen der Modalität jeweils zwischen Möglichkeit und Notwendigkeit.

Der weitaus größte Teil seines Buches ist den Belegen für seine Thesen gewidmet, wobei der Arbeit mit Korpusbelegen breitester Raum gewidmet ist. PALMER spart auch kontroverse Themen wie Futurität und volition nicht aus.

PALMER (1979) ist Pflichtlektüre für jeden, der sich mit Modalität im Englischen befaßt. Ich will an dieser Stelle darauf verzichten, auf einzelne Argumente PALMERs einzugehen, da ich mich in meiner Arbeit immer wieder mit seinen Argumenten auseinandersetzen werde.

Eine Schwäche ist allerdings auch bei PALMER die nicht durchgeführte Trennung zwischen Semantik und Pragmatik. Viele seiner Beobachtungen, die PALMER zur Postulierung immer neuer Bedeutungsvarianten veranlassen, könnten eigentlich im Bereich der Pragmatik erklärt werden und dadurch das theoretische Fundament von PALMER entscheidend verbessern. Hierin - und nicht in einzelnen Analysen, die vielleicht angreifbar sein mögen - sehe ich die eigentliche Schwäche der PALMERschen Arbeit.

PALMER (1977) ist ein Artikel, der sich mit Konnotationen von Verwendungen verschiedener syntaktischer Formen von CAN und WILL befaßt. Es geht also um Implikationen, nicht ausdrücklich Gesagtes, und daher ist dieser Artikel - auch wenn PALMER dies nicht explizit macht - ein Beitrag zur Pragmatik der Modalverben.

PALMER beleuchtet die Beziehung zwischen Realität und modaler Äußerung:

Part of the meaning of a verb phrase containing a form of one of the English modal verbs CAN and WILL is that the actions, events, etc., indicated by the following full verb, took place, take place and will take place.

... With future time reference CAN often implies that the event will take place - actuality implied.

... The past tense form could is not used when the event took place - actuality not implied.

... Could have is often used where it is implied that the event did not take place, and not that the ability was lacking - unreality is associated with the event rather than the modality34.

Es gelingt PALMER im folgenden, ausreichend Belege für seine These zu finden. Er verbindet syntaktische Form und pragmatischen Gebrauch direkt.

It is a reasonable assumption that to say that someone can perform a specific act implies that in the right circumstances he will perform it35.

PALMERs Aufsatz ist ein wertvoller Beitrag zu einem auch unter pragmatischen Gesichtspunkten relevanten Teilaspekt der Modalität im Englischen.

 


1.4.2 Semantische Komponente des gewählten Untersuchungsansatzes ­ Inhalt

Wie sich aus der Betrachtung der Literatur ergibt, fehlt bisher ein Untersuchungsansatz, der Semantik und Pragmatik der Modalverben klar unterscheidet und dennoch die Zusammenhänge zwischen beiden zu erklären versucht.

Wer eine Äußerung verstehen will (unter Äußerung verstehe ich - entsprechend dem Terminus utterance bei LEECH36 - etwas in einer konkreten Situation Gesagtes, das linguistische Produkt einer Sprechhandlung), benötigt in der Regel die Kenntnis ihrer semantischen Bedeutung und kann erst dann ihre pragmatische Bedeutung erschließen. Meiner Meinung nach ist die semantische, also die situationsunabhängige, Bedeutung von zentraler Wichtigkeit für die Analyse ihrer pragmatischen Bedeutung in einer konkreten Situation.

Wegen dieser Wichtigkeit werde ich die semantische Bedeutung künftig Grundbedeutung nennen.

Aber nicht nur Äußerungen haben eine Grundbedeutung. Auch einzelne Lexeme - natürlich auch die hier zu betrachtenden - haben eine Grundbedeutung. Es müssen also die Grundbedeutungen der Modalverben eruiert werden. Ich werde dies in Abschnitt 2 tun und dabei auch verschiedene Ansätze aus der Literatur mit verarbeiten - an semantischen Beschreibungen der Modalverben fehlt es ja nicht.

 


1.4.3 Pragmatische Komponente des gewählten Untersuchungsansatzes  ­ Inhalt

Die theoretische Begründung der pragmatischen Komponente meines Untersuchungsansatzes ist komplexer als die der semantischen Komponente. Insbesondere bedarf es einer Klärung der verwendeten Parameter.

Die Definition zweier Begriffe möchte ich vorweg geben. Ich verstehe unter Gebrauch eines Modalverbs, daß es in einer Anzahl ähnlicher Sprechsituationen mit annähernd gleicher pragmatischer Bedeutung eingesetzt wird. Gebrauch ist also ein Kollektivum, synonym mit Verwendungsweisen. Verwendung ist ein bestimmtes Vorkommen eines Modalverbs in einer einzelnen Äußerung in einer konkreten Situation. Entsprechend verhalten sich die Verben gebrauchen und verwenden.

Nach LEECH sind für die pragmatische Interpretation einer Äußerung unter anderem folgende Parameter wichtig:

Äußerungskontext
Sprecherabsichten
Sprechhandlung/Sprechakt
Die Äußerung selbst37

 

Diese Parameter sind entscheidend für den Ablauf jeder sprachlichen Interaktion.

Die primäre Erscheinungsform der sprachlichen Interaktion ist das Gespräch zwischen mindestens zwei Teilnehmern. Um diese Form geht es vor allem in meiner Arbeit. Der verwendete Korpus enthält ausschließlich Äußerungen dieses Diskurstyps.

Eine entscheidende Größe für den Ablauf eines jeden Gesprächs ist die jeweilige Bewußtseinslage der Teilnehmer. Als triviale Bewußtseinsinhalte kann man z.B. bezeichnen, daß sich jeder Teilnehmer der Gegenwart der anderen Teilnehmer und seiner unmittelbaren Umgebung bewußt ist. Dies ist für jeden Teilnehmer unmittelbar erfahrbar.

Jeder Teilnehmer verfolgt mit seinen Gesprächsbeiträgen Absichten bezüglich anderer Teilnehmer. Diese Absichten sind ihm in der Regel auch bewußt38.

Ziel des Kommunikationsprozesses ist es, die eigenen Absichten den anderen Gesprächsteilnehmern mitzuteilen, d.h. sie ihnen ebenfalls bewußt zu machen. Aber dies ist nur möglich, wenn zwischen den Gesprächsteilnehmern Gemeinsamkeiten bestehen, die die Kommunikation über Neues vermittels bereits Bekanntem erst ermöglichen. Der einzelne Gesprächsteilnehmer setzt einige dieser Gemeinsamkeiten zu Beginn des Gesprächs voraus und entdeckt weitere Gemeinsamkeiten im Verlauf des Gesprächs.

Eine nicht-triviale Voraussetzung für das Zustandekommen von Kommunikation ist es, daß der jeweilige Hörer die Zeichen des jeweiligen Sprechers entschlüsseln kann, also im Fall der verbalen Kommunikation den Sprechercode hinreichend beherrscht, daß ihm die Zeichen (Wörter usw.) ein für den Zweck der Kommunikation ausreichendes Bild der Aussage und der Absichten des Sprechers vermitteln. Nicht nur die Kenntnis der Sprache ist hier notwendig, sondern auch bis zu einem gewissen Grad das Einfühlungsvermögen in Dialekt, Soziolekt und Idiolekt. Mit anderen Worten: Sichere Beherrschung der semantischen Interpretationsmöglichkeiten ist in der Regel Voraussetzung für das Verständnis von Äußerungen.

Die Annahme, daß diese gemeinsame Voraussetzung gegeben ist, ist die erste in einer Reihe von Partnerhypothesen eines Gesprächsteilnehmers über die Bewußtseinsinhalte der anderen. Hypothesen sind es deswegen, weil die Codegemeinsamkeiten nicht immer so unmittelbar erfahrbar sind wie die Gegenwart des anderen oder die unmittelbare Umgebung.

Partnerhypothese bedeutet "Annahme über den Partner, die für die Motivation der Äußerung eine Rolle spielt..."39. "Der Begriff 'Partnerhypothese' greift die Perspektive eines Partners heraus und ist gleichsam eine Momentaufnahme..."40.

Es bestehen bei jedem Gesprächsteilnehmer Hypothesen über den Wissens-, Erfahrungs- und Erlebnisstand seiner Partner - oder auch über deren Partnerhypothesen. Diese Partnerhypothesen gründen sich entweder auf frühere Erkenntnisse eines Gesprächsteilnehmers über die anderen - insbesondere wenn es sich um deren persönliche Erfahrungen und Erlebnisse handelt - oder aber auf Annahmen über das, was die Gesprächspartner in einer sozialen, kulturellen oder institutionellen Rolle zu tun oder zu äußern pflegen. Jeder Gesprächsteilnehmer schreibt seinen Partnern - und auch sich selbst - für die Zwecke der aktuellen Kommunikation solche Rollen zu. Je besser die Zuordnung der Rollen und des begleitenden Rollenverhaltens zu den Gesprächspartnern deren Selbsteinschätzung entspricht, um so einfacher wird die Kommunikation.

Eine für die sprachliche Kommunikation wichtige Partnerhypothese ist es, daß jeder Gesprächsteilnehmer um die Einhaltung rollenübergreifender Gesprächsmaximen bemüht ist. Die Gesamtheit dieser Maximen nennt GRICE das kooperative Prinzip (cooperative principle):

Make your conversation contribution such as is required, at the stage at which it occurs, by the accepted purpose or direction of the talk exchange in which you are engaged41.

Unter diesem Prinzip subsumiert GRICE verschiedene Maximen der Quantität, Qualität, Relevanz sowie der Art und Weise.

So soll ein Gesprächsbeitrag weder mehr noch weniger informativ sein als notwendig (Quantität), er soll wahrhaftig sein (Qualität), relevant sowie durchsichtig, d.h. nicht obskur oder doppeldeutig, dafür kurz und geordnet (Art und Weise)42. Ein Gespräch ist durch kooperative Anstrengung charakterisiert43, auch wenn die Standpunkte kontrovers sind. Wichtig für das Gelingen der Kommunikation ist die wechselseitige Annahme, daß alle Gesprächsteilnehmer sich bemühen, diese Maximen zu beachten. Wird eine Maxime offensichtlich verletzt, ohne daß ein Grund dafür oder ein Versehen vorliegt, dann gilt, daß die Äußerung, die eine Maxime verletzt, in einem gegebenen Kontext so interpretiert wird, daß die intendierte Bedeutung eruiert wird. Dazu muß sich der Hörer fragen:

How can his saying what he did say be reconciled with the supposition that he is observing the overall C[ooperative] P[rinciple]?44

Wenn S p sagt und q meint, dann sagt man, S impliziert q konversationell (und "beutet dabei eine Maxime aus"), wenn S die Maximen allgemein beachtet und der Hörer q aus p im gegebenen Kontext erschließen kann - guten Willen vorausgesetzt45. Genau das passiert - wie ich noch zeigen werde - beim Gebrauch der Modalverben häufig.

Durch häufigen Gebrauch derselben Art von Maximenausbeutung in vergleichbaren Kontexten können sich Klassen von konversationellen Implikationen bilden, die konventionalisiert sind, wo also p direkt q bedeutet und nicht mehr auf Umwegen aus q erschlossen werden muß. Es ändert sich dadurch de facto die Grundbedeutung einer Äußerung. Sind nicht einzelne Wörter betroffen, sondern eine Phrase, entsteht ein Idiom.

Hier sind jedoch die Übergänge fließend, und da der Prozeß, durch den p aus q eruiert wird, nicht unmittelbar beobachtbar ist, kann die Grenze zwischen konversationeller und konventioneller Implikation nicht klar gezogen werden.

Die Notwendigkeit, statt p q zu sagen, kann sich aus Normen der sozialen Interaktion - allen voran den Höflichkeitsnormen - ergeben. EDMONDSON folgend kann man diese Normen auf hörerunterstützende Maximen (H-supportive maxims) zurückführen, die von ihm so zusammengefaßt werden:

- Support your hearer's costs and benefits!

- Suppress your own!

- Give benefits when you receive them!46

Sprachlich manifestieren sich die hörerunterstützenden Maximen in der sozialen Deixis. LEVINSON versteht darunter

... those aspects of language structure that encode the social identities of participants (properly, incumbents of participant roles), or the social relationships between them, or between one of them and persons or entities referred to47.

Derartige Aspekte sprachlicher Struktur gibt es viele48, aber interessieren können an dieser Stelle nur diejenigen, die sich - quasi grammatikalisiert - in der Morphologie manifestieren, nämlich insofern, als sie determinieren, ob ein Modalverb gebraucht wird und ggf. welches.

Durch die Höflichkeitsnormen wird geregelt, in welcher Form ein Sprecher die soziale Position eines anderen verbal und offen anzuerkennen hat. Die soziale Rolle innerhalb einer Gesprächssituation kann (aus der Sicht des jeweiligen Sprechers) folgendermaßen gestaltet sein:

1 Der Angesprochene ist dem Sprecher übergeordnet in einer asymmetrischen sozialen Rollenverteilung (Vorgesetzter, anerkannte Respektsperson o.ä.)

2 Der Angesprochene hat in der gegenwärtigen Gesprächsphase aufgrund anerkannter sozialer Rechte eine übergeordnete soziale Stellung insofern, als die Entscheidungsbefugnis über eine bestimmte Handlung bei ihm liegt.

Diese Art von Autorität unterscheidet sich deutlich von der unter 1. beschriebenen institutionell oder fachlich-wissensmäßig bedingten Autorität, da sie lokaler Natur ist. Es handelt sich hier wie bei allen Partnerhypothesen um eine Momentaufnahme. Diese lokale Art der Autorität ist vielleicht besser mit dem Begriff Recht beschrieben; das bedeutet hier das Recht, über die Handlung eines bestimmten Agenten (A,p) zu bestimmen, wobei der Sprecher selbst auch der Agent sein kann. Ob einzelne Rechte aufgrund von Autorität im Sinne von 1. oder aufgrund des allgemein zugestandenen Verfügungsrechts eines Partners über seine eigene Person und sein Wohlbefinden im Rahmen der sozial zugestandenen Selbstbestimmung oder aber aufgrund anderer im sozialen Kontext bestehender Rechte entsteht, ist hier ohne Belang. Auch kann es ohne weiteres geschehen, daß ein Gesprächspartner dem anderen oder sich selbst Rechte bezüglich p zuordnet, aber der Partner anderer Meinung ist - es handelt sich ja um eine Beziehungshypothese.

3 Weder Sprecher noch Angesprochener haben besondere Vorrechte.

4 Der Sprecher hat in der gegenwärtigen Gesprächsphase aufgrund anerkannter sozialer Rechte eine übergeordnete soziale Stellung insofern, als die Entscheidungsbefugnis über eine bestimmte Handlung bei ihm liegt.

5 Der Sprecher ist dem Angesprochenen übergeordnet in einer asymmetrischen sozialen Rollenverteilung (Vorgesetzter, anerkannte Respektsperson o.ä.)

4 und 5 sind die Umkehrungen von 2 und 1.

Das Wissen, welche der Strukturen nach 1-5 vorliegt, ist von Wichtigkeit beispielsweise dafür, ob eine bestimmte Sprechhandlung als Befehl oder als Ratschlag aufzufassen ist.

Die H-Support-Maximen fordern nun, daß der Sprecher die höhere Stellung oder bestimmte Rechte des Partners anerkennt, falls diese bestehen, aber die eigene höhere Stellung oder seine eigenen Rechte herunterspielt. Hierzu dienen im Englischen grammatisch gesehen vor allem die Modalverben. So kann zum Beispiel anstelle eines Befehls ein Hinweis auf eine Fähigkeit des Angesprochenen stehen, der dann von diesem unter Berücksichtigung der auch ihm bekannten sozialen Stellung des Sprechers als Befehl erkannt wird. Auch respektvolle Distanz kann durch Höflichkeitsnormen erforderlich werden, die dann durch die Wahl von Modalverben an sich oder durch die Wahl von ihren tentativeren Formen sprachlich realisiert wird.

Allgemein sind folgende Höflichkeitsnormen zu beachten:

1 Die eigene soziale Stellung ist verbal abzuwerten.

2 Die soziale Stellung des Angesprochenen ist aufzuwerten.

3 Die persönliche Integrität des Gesprächspartners ist durch verbale Distanz zu betonen.

4 Höflichkeit ist mit Höflichkeit zu beantworten.

Dies entspricht den oben beschriebenen Forderungen von EDMONDSONs H-Support-Maximen.

Das im Abschnitt über die pragmatische Komponenente meines Untersuchungsansatzes bisher Gesagte läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Sprecherabsicht wird im Rahmen eines gegebenen Gesprächskontexts kundgetan, über deren interaktive Komponente (also denjenigen Teil des Kontexts, der die Gesprächsteilnehmer selbst umfaßt) beim Sprecher Hypothesen bestehen, die Partnerhypothesen. Dieses Kundtun der Absicht bezeichnet man als Sprechakt; dieser Sprechakt manifestiert sich sprachlich als Äußerung.

Sprechakte sind von verschiedenen Autoren nach verschiedenen Gesichtspunkten gegliedert worden. AUSTIN49 und SEARLE50 klassifizieren die illokutionären Akte - Ausdruck der Sprecherabsichten - im wesentlichen anhand von angenommenerweise in der Tiefenstruktur der Sätze enthaltenen, aber meist nicht expliziten, performativen Verben.

EDMONDSON, einer der Vertreter der seit der Mitte der siebziger Jahre immer mehr an Beachtung gewinnenden Diskursanalyse, schreibt 1981 über die performative Analyse, also über die Sprechakttheorie von AUSTIN (und SEARLE):

The point here is that the Austinian analysis simply bypasses the problem of distinguishing semantic and pragmatic meaning...51

Aus diesem Grund und aus anderen Gründen schlägt er eine andere Art der Analyse vor, die er die "deskriptivistische Analyse" nennt. Es geht ihm nicht mehr darum, Formeln für postulierte Sprechakttypen zu finden, sondern vielmehr darum, herauszufinden, warum eine bestimmte Äußerung in einem bestimmten Kontext eine bestimmte pragmatische Bedeutung hat. Auch weist er zu Recht darauf hin, daß die illokutionäre Kraft, also die Natur des Sprechakts, "verhandlungsfähig" ist, also nicht immer eindeutig und bestimmt52.

Weiterhin verlangt EDMONDSON, daß die Klassifikation von Sprechakten nach interaktionellen und nicht nach rein formallogischen Kriterien zu geschehen habe.

Dieser Haltung möcht ich mich anschließen und gleichzeitig feststellen, daß sie für die Analyse des Gebrauchs der Modalverben von unmittelbarer Bedeutung ist. Die Analyse gewinnt nämlich an Klarkeit und Schärfe, wenn man den Versuch unternimmt, Semantik und Pragmatik der Modalverben deutlich voneinander zu trennen. Mit einem geeigneten Modell von Gesprächssituationen und ihren Teilnehmern ist es noch am ehesten möglich, den Gebrauch der Modalverben zu beschreiben, ohne auf semantischer Ebene auf Ad-hoc-Definitionen von der Art "Es gibt auch noch CAN in der Bedeutung x" zurückgreifen zu müssen.

Mit dieser erneut auftretenden Forderung bin ich wieder am Ausgangspunkt meiner theoretischen Überlegungen angelangt. Bei diesen Überlegungen ist bereits wiederholt angedeutet worden, in welcher Beziehung Semantik und Pragmatik bei der Analyse der Modalverben zueinander stehen. Diese möchte ich in Form von zwei Hypothesen konkretisieren.

 


1.4.4 Grundhypothesen  ­ Inhalt

Hypothese 1

Die Bedeutungen aller Modalverben sind in einem strukturierten semantischen Feld anzusiedeln. Alle Modalverben dienen dazu, Handlungen, Ereignisse oder Sachverhalte, die in der realen Welt (noch) nicht existieren oder existiert haben oder über deren tatsächliche Existenz sich der Sprecher im unklaren ist, zu charakterisieren. Diese allen Modalverben gemeinsame Eigenschaft ist das Hauptattribut des semantischen Feldes der Modalverben, innerhalb dessen die verschiedenen Modalverben Segmente einnehmen. Die Grundbedeutung eines gegebenen Modalverbs ist durch das Segment bestimmt, das seine Anwendungen in neutralen (konstativen) Sprechakten im Feld belegen.

Hypothese 2

In allen denjenigen Fällen, in denen die Modalverben nicht in ihrer Grundbedeutung verwendet werden, läßt sich diese Verwendung aufgrund von Kooperations- und anderen Gesprächsmaximen aus der Grundbedeutung ableiten. Dieser Prozeß ist regelhaft darstellbar.

Selbstverständlich sind diese Hypothesen nur dann von Bedeutung für die linguistische Analyse, wenn es gelingt, sie mit Inhalt zu füllen, also die Grundbedeutungen der Modalverben anzugeben und pragmatische Verwendungen nach aufzustellenden Regeln daraus abzuleiten.

Dies ist aber kein einfacher Prozeß und geht nicht so geradlinig, wie es zunächst den Anschein haben mag. Es ergeben sich nämlich durch die Dynamik der pragmatischen Verwendungen der Modalverben und durch ihre Häufigkeit Rückkopplungsprozesse, die eigentlich eine dritte Hypothese mit einer historischen Dimension erfordern:

Hypothese 3

Wenn durch den häufigen Gebrauch eines Modalverbs in häufig vorkommenden Situationstypen in einer gemäß Hypothese 2 abgeleiteten pragmatischen Bedeutung dieser Gebrauch konventionalisiert wird, dann können Rückwirkungen auf die semantische Bedeutung eintreten. Diese können darin bestehen, daß das Modalverb nunmehr auch in anderen Teilen des semantischen Feldes der Modalverben, außerhalb des ursprünglich eingenommenen Segments, angesiedelt wird oder daß das Modalverb in einer ursprünglich gegebenen Bedeutung nicht mehr uneingeschränkt verwendet werden kann. So entstandene Lücken werden bei Bedarf durch andere Lexeme aufgefüllt. Auch Konkurrenzsituationen zwischen einzelnen Modalverben können auftreten.

Betrachtet man einmal genauer die verschiedenen Schritte meiner Arbeitshypothesen, so erkennt man, daß in ihnen ein Prozeß zyklischer Natur dargestellt ist. Nimmt man arbiträr irgendeine prototypische Grundbedeutung eines Modalverbs an, so läuft nach meinen Hypothesen der Anwendungs- bzw. Verdrängungsprozeß in folgenden Stadien ab:

1 Die Grundbedeutung des Modalverbs erlaubt in der interaktiven Situation dessen Verwendung zur Kennzeichnung einer Sprecherintention, die in der Grundbedeutung selbst nicht enthalten ist.

2 Durch häufigen Gebrauch des Modalverbs in ein und derselben interaktiven Situation wird die übertragene Bedeutung der Sprechergemeinschaft allmählich als eigenständig bewußt.

3 Früher nur situativ verständliche Verwendungen des Modalverbs verselbständigen sich und kristallisieren sich in einer eigenständigen Bedeutung auf semantischer statt auf pragmatischer Ebene.

4 Nach der Lexikalisierung der übertragenen Bedeutung bleiben nun Rückwirkungen auf die Grundbedeutung nicht aus. Die Grundbedeutung wird erweitert, das Modalverb in neue Bereiche des Feldes hineingezogen (Pull-Faktoren).

5 Besteht die Gefahr, daß es zu Verständniskonflikten kommt, weil Aussagen mit einem Modalverb aufgrund der Ausdehnung seines Geltungsbereichs nicht mehr eindeutig sind, dann kann ein anderes Lexem in den Bereich des Feldes "eindringen", der vorher von der "alten" Grundbedeutung abgedeckt wurde.

6 Durch diese Desambiguierung sinkt die funktionelle semantische Belastung des Modalverbs wieder, und die Entwicklung der "neuen" Bedeutung kann fortschreiten (Push-Faktoren).

7 Natürlich erfährt auch der Bereich, in den sich das Modalverb hineinentwickelt, durch diesen Prozeß Umstrukturierungen. Ein Modalverb, das hier vorher angesiedelt war, wird seinerseits eine Bedeutungsentwicklung durchmachen. Diese kann in einer Einschränkung des Geltungsbereichs (bis hin zur Obsoleszenz) bestehen, aber auch in einer Kette von weiteren Verschiebungen innerhalb des Feldes.

8 Die neue Struktur der Grundbedeutungen eröffnet wieder neue Möglichkeiten situativ bedingter Verwendungen - der Kreis schließt sich.

Die englischen Modalverben sind im Laufe ihrer Entwicklung schon durch mehrere solcher Zyklen gegangen, und die Entwicklung dauert an. Hierdurch erklärt sich auch teilweise die verwirrende Komplexität ihrer Bedeutungen, denn es gehört zur pragmatischen Kompetenz eines Sprechers des Englischen, daß er weiß, daß sich die Grundbedeutungen der Modalverben, wie er sie versteht und anwendet, nicht unbedingt immer genau mit den Auffassungen anderer Sprecher decken. Diese leichten intersubjektiven Verschiebungen und Variationen sind nicht nur im Bereich der Modalverben zu beobachten, sondern sie sind typisch für alle Bereiche der Sprache.

Für diese Arbeit stellen sich aber daher manche schwer zu beantwortenden Fragen. Was ist noch konversationell impliziert, was schon konventionalisiert oder gar lexikalisiert? Was ist prototypisch, was eher Randerscheinung oder versteinertes Relikt früherer Stufen der Sprachentwicklung? Und: Wo genau sind die Prototypen der Modalverben anzusiedeln, was sind synchronisch ihre Grundbedeutungen? Ich glaube, daß arbiträre Urteile nicht immer zu vermeiden sein werden. Aber es ist auch andererseits genug Gemeinsames wahrzunehmen; eindeutige Schwerpunkte sind festzustellen, die es erlauben, in etwa anzugeben, an welchem Punkt der Sprachentwicklung wir heute sind.

Eine schlüssige Darstellung der Entwicklung der Grundbedeutung der Modalverben seit altenglischer Zeit kann im Rahmen dieser Arbeit - die ja doch ihren Schwerpunkt im synchronischen Bereich hat - sicher nicht geboten werden. Ich beschränke mich im wesentlichen auf die ersten beiden Hypothesen. Allerdings muß gerade bei den semantischen Beschreibungen mit manchen Ungereimtheiten und Unebenheiten gerechnet werden, die Ausdruck oder Überrest dynamischer historischer Prozesse sind. Ohne gelegentliche historische Anmerkungen wird man im folgenden Kapitel, das sich mit der Semantik der Modalverben befaßt, nicht auskommen können.

 


2 Semantik der Modalverben  ­ Inhalt

Schon aus der Grundhypothese ergibt sich, daß es der erste Schritt zur Beschreibung der Modalverben sein muß, ein semantisches Grundschema aufzustellen, das die Grundlage aller weiteren Betrachtungen bildet. Um von diesen ausgehend dann die einzelnen Verwendungen der Modalverben angemessen, d.h. möglichst umfassend, beschreiben zu können, müssen wir die situativen Gegebenheiten im Diskurs, wie Sprecherintentionen, Teilnehmerbeziehungen und das den Gesprächsteilnehmern gemeinsame Wissen übereinander berücksichtigen.

Das nun folgende Kapitel befaßt sich jedoch noch ausschließlich mit der Grundbedeutung. Pragmatische Gesichtspunkte werden noch kaum berücksichtigt. Sie können auch erst dann erklärt werden, wenn die Grundbedeutung der Modalverben ausreichend definiert ist.

Meines Erachtens sind die Grundbedeutungen der Modalverben am besten mit einer Art Feldmodell zu erfassen. Dabei beziehe ich mich ausdrücklich nur auf nichtepistemische Modalität, da die epistemische Modalität meines Erachtens im Englischen eine sekundäre Erscheinung ist.

Unter Feld verstehe ich eine Zusammenstellung von Lexemen mit einem inhärenten gemeinsamen Merkmal. Bei den Modalverben ist dieses gemeinsame Merkmal, daß sie alle einen Aspekt der Verwirklichungsbedingungen einer Handlung beschreiben. Am Rande des Feldes können sich einzelne Elemente mit den Randelementen anderer Felder (z.B. dem der Modaladverbien) überschneiden. Die Elemente des Feldes (Modalverben) gruppieren sich um mehrere voneinander abhängige Kerne. Die Beziehungen der Elemente untereinander sind systematisch beschreibbar, wiewohl stets ein gewisser Grad semantischer Unbestimmtheit bleibt und die genauen Grenzen der Feldelemente unscharf sind. In der Möglichkeit, trotz verschiedener Unschärfen dennoch Zusammengehöriges zu organisieren und in Beziehung zu bringen, liegt aber gerade die Nützlichkeit des theoretischen Feldbegriffs53.

Die Grundbedeutungen der Modalverben ergeben sich dann aus ihrer Stellung im Feld. Zwar kann es hier nicht - wie in einer Matrixanalyse - um die Füllung vordefinierter "Leerstellen" gehen, aber es ergeben sich doch konzeptionelle Schwerpunkte.

Die Kenntnis der Grundbedeutungen der Modalverben innerhalb des semantischen Feldes "Modalität" bildet die Voraussetzung für die Vielfalt der verschiedenen Verwendungsweise der Modalverben. Sie wird zur Grundlage für eine "freiere" Auslegung der Modalverben im sprachlichen Gebrauch genommen, stellt also gewissermaßen den "Minimalkonsens" zwischen den Sprechern dar.

 


2.1 Dimensionen des semantischen Feldes der Modalverben  ­ Inhalt

Die Modalverben dienen in ihrer Grundbedeutung zur Kennzeichung einer der Vorbedingungen für das Eintreffen oder Nichteintreffen einer Handlung. Dabei kann man diese Vorbedingungen in zwei Klassen einteilen. Zum einen kann durch Modalverben ausgedrückt werden, daß eine Möglichkeit zur Verwirklichung einer Handlung besteht, andere Modalverben zeigen an, daß eine Notwendigkeit zur Verwirklichung einer Handlung besteht. Diese Zweiteilung ist auch die bei PALMER zu findende Grundeinteilung.

Leider nur ist die sprachliche Wirklichkeit wesentlich unschärfer, als dies diese klare Zweiteilung vermuten läßt. Denn in der realen Welt operieren oft Faktoren, die eine Handlung ermöglichen, gleichzeitig mit anderen, die sie verhindern. So nützt im Satz

Suzie can drive a truck

diese Fähigkeit ihr überhaupt nichts, wenn gleichzeitig gilt

but she cannot be here on Saturday

und es gilt, eine größere Sendung am Samstag von der Bahn abzuholen.

Möglichkeiten können mehr oder weniger ausgeprägt, Notwendigkeiten mehr oder weniger zwingend sein oder miteinander in Konkurrenz stehen, so daß sich für die Begriffe der Möglichkeit und der Notwendigkeit Unschärfen ergeben. Sie gehen allerdings nicht so weit, daß die grundsätzliche Unterscheidung analytisch unbrauchbar wird.

Eine zweite Dimension des Feldes der Modalverben ist bestimmt durch die Quelle der Modalität. Die Quelle der Modalität ist für das Bestehen der Möglichkeit oder Notwendigkeit verantwortlich. Sie ist nicht notwendigerweise identisch mit dem Agens der Proposition oder dem Sprecher. Eher handelt es sich um den Urheber der Umstände, die dazu führen, daß eine Ausführung von (A,p) möglich oder notwendig wird. (Für die epistemische Modalität ist Quelle der Modalität abweichend zu definieren als die Gründe, aufgrund derer der Sprecher annimmt, daß (A,p) der Fall ist.) Natürlich handelt es sich wieder nicht um "objektive" Feststellungen, sondern vielmehr um die Einschätzung der Quelle der Modalität durch den Sprecher.

In einem Extremfall hängen die Vorbedingungen für die Verwirklichung einer Handlung allein von Faktoren ab, die innerhalb des Subjekts der Proposition liegen, wie in

... you can hold a basic conversation in French I suppose... (02.2)

Zur tatsächlichen Verwirklichung der Handlung sind zwar noch andere Faktoren nötig, im obigen Beispiel vielleicht die Verfügbarkeit eines geeigneten Gesprächspartners, thematisiert werden aber die internen Faktoren.

Im anderen Extremfall hängt die Möglichkeit oder Notwendigkeit von Faktoren ab, die außerhalb des propositionalen Subjekts zu suchen sind:

... a person with his own integrity could get to the top... (36.3)

Hier entscheidet nicht ausschlaggebend das Subjekt a person... über Möglichkeiten des Vorwärtskommens im allgemeinen, sondern letztendlich müssen andere es ermöglichen.

In stark polarisierter Form liegt diese Unterscheidung schon dem Schema BOUMAs54 zugrunde, der eine klare Unterscheidung zwischen subjektiven und objektiven Modalverben trifft. Er entwickelt diese Terminologie zwar für die deutschen Modalverben, aber er überträgt sie in einer späteren Arbeit ebenso auf das Englische55. Meines Erachtens ist diese Opposition als binäre Polarität nicht haltbar; sie ist wichtig und nützlich für die Klärung der der Semantik der Modalverben zugrundeliegenden Konzepte, aber bei der praktischen Feststellung der Quelle der Modalität ergeben sich sofort Schwierigkeiten. BOUMA weist zwar darauf hin, daß die Unterscheidung von "subjektiv" und "objektiv" von Standpunkt des Sprechers aus gemacht wird56. Aber es ist doch oft der Fall, daß sowohl interne, innerhalb des Subjekts der Proposition liegende, als auch externe Faktoren zusammenwirken und daß dem Sprecher dies auch bewußt ist.

PALMER erkennt denn auch zu Recht bei der Postulierung seiner "dynamischen" Modalität, daß oft interne und externe Quellen der Modalität nicht ohne weiteres voneinander zu trennen sind, und geht von der Existenz einer "neutralen" dynamischen Modalität aus57. Insbesondere ist auf die häufige Internalisierung ursprünglich äußerer Zwänge hinzuweisen.

Während also das semantische Feld der Modalverben durch die Begriffe Möglichkeit und Notwendigkeit in zwei Teile geteilt wird, läßt sich die Dimension Quelle der Modalität am besten als ein Kontinuum denken, innerhalb dessen gleitende Übergänge von einer ausschließlich internen zu einer ausschließlich externen Quelle der Modalität möglich sind. Die Beziehung zwischen den beiden ist gekennzeichnet durch einen Bedeutungsgradienten, wie LEECH/COATES ihn in einem neueren Artikel definiert haben58.

Danach ist Gradienz ein Typ der linguistischen Unbestimmtheit, die zwischen zwei Kategorien a und b besteht, wenn es dazwischenliegende Fälle gibt, die weder a noch b eindeutig zugeordnet werden können.

Die Beziehungen zwischen internen und externen Quellen der Modalität sind entsprechend vielfältig. So kann in einem Satz wie

I must go home now.

must auf eine Notwendigkeit hinweisen, die stark extern ist, vielleicht ein äußerer Zwang durch eine Autoritätsperson, aber vielleicht auch nur auf die vom Sprecher gesehene und mitbeeinflußbare Notwendigkeit, die z.B. dadurch bedingt sein kann, daß er beschlossen hat, etwas zu tun, das seine Anwesenheit zu Hause erfordert.

Das semantische Feld der Modalverben hat noch eine dritte Dimension. Man kann - wiederum dem Beispiel von LEECH/COATES folgend - unterscheiden zwischen solchen externen Quellen der Modalität, die konkrete Personen sind, und externen Quellen, die eher realweltgesetzlich sind. Auch hier handelt es sich wieder nicht um eine binäre Opposition, sondern um einen Gradienten. Die fließenden Übergänge haben LEECH/ COATES an folgenden Beispielen dargestellt:

You can't do that - I forbid it
You can't do that - it's against the rules
You can't do that - it would be breaking the law
You can't do that - it wouldn't be reasonable
You can't do that - it wouldn't be right
You can't do that - it would be against the law of gravity59

Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß es sich in allen diesen Fällen um semantisch separate Lexeme handelt. Die Grundbedeutung von CAN schließt alle im Beispiel angedeuteten Bedeutungen mit ein. Die genaue Schattierung ist häufig nur aus Ko- und Kontext zu erschließen.

Die obigen Ausführungen zusammenfassend läßt sich sagen, daß das semantische Feld der Modalverben drei Dimensionen hat (Anhang 1).

Dabei stellt die erste Dimension die Opposition Möglichkeit - Notwendigkeit dar. Diese Dimension ist stark um die beiden kennzeichnenden Begriffe polarisiert.

Die zweite Dimension stellt den Gradienten zwischen internen und externen Quellen der Modalität dar, betrachtet von angenommenen Standpunkt des propositionalen Subjekts. Etwaige Internalisierungsprozesse externer Quellen sind sekundär und erst auf pragmatischem Gebiet relevant. Hier geht es aber nur um die semantischen Grundbedeutungen.

Die dritte Dimension stellt den Gradienten zwischen personenbedingten und durch Gesetzmäßigkeiten der realen Welt bedingten Quellen der Modalität dar. Sinnvoll ist diese Unterscheidung nur bei externen Quellen der Modalität, denn zwischen personenbedingter und realweltgesetzlich bedingter interner Möglichkeit und Notwendigkeit unterscheidet im heutigen Englisch kein Set von Modalverben.

Bei der Charakterisierung der Grundbedeutungen der Modalverben bediene ich mich zur Veranschaulichung einer graphischen Darstellung, wie sie in Anhang 2 zu sehen ist.

Als allgemeinste Formel für die Semantik modaler Aussagen kann nach dem Gesagten gelten:

Q CAUSE Mod (A,p)

oder in Worten ausgedrückt:

Eine Quelle der Modalität (Q) bewirkt die Modalität (Mod) für das Agens (A) der Proposition (A,p), eine Handlung (p) auszuführen.

Dabei kann Q die Werte I, R, P oder irgend einen Zwischenwert annehmen. Mod kann die Werte M oder N annehmen. Hierbei bedeuten:

M Möglichkeit
N Notwendigkeit
I interne Quelle
P personenbedingte externe Quelle
R realweltgesetzlich bedingte externe Quelle

Jede Verwendung eines Modalverbs in der Grundbedeutung kann durch einen Punkt im "Möglichkeitsdreieck" oder im "Notwendigkeitsdreieck" symbolisiert werden.

Man beachte jedoch, daß die Dimensionen wohl gradierbar, aber nicht quantitativ erfaßbar sind. Es kann daher jeder Teilbereich des Feldes nur durch seine Beziehungen zu anderen Teilbereichen, nicht aber absolut eingeordnet werden.

Beim Versuch der Einordnung der einzelnen Modalverben in das Feld stellt man fest, daß ihre Belege "streuen". Doch gruppieren sich die Streuungen um jeweilige Schwerpunkte.

Diese Schwerpunktbereiche symbolisieren die prototypische Grundbedeutung der Modalverben, deren Verständnis auf seiten des Sprechers und des Hörers allen - auch den durch interaktive Prozesse übertragenen - Verwendungen der Modalverben zugrundeliegt.

 


2.2 Grundbedeutungen einzelner Modalverben ­ Inhalt


2.2.1 CAN ­ Inhalt

Das heutige Modalverb CAN hat sich aus dem altenglischen CUNNAN entwickelt, das ursprünglich soviel bedeutete wie 'geistig fähig sein' und mit KNOW verwandt ist60.

Nach Auffassung von STANDOP war CUNNAN im Altenglischen erst auf der Schwelle zum Status eines Modalverbs und bedeutete hauptsächlich 'verstehen, wissen zu'61. Es hatte auch syntaktisch noch die Eigenschaft, häufiger als die anderen altenglischen Modalverben ohne einen Infinitiv konstruiert zu werden (vergleichbar der im Deutschen heute noch ohne weiteres möglichen Fügung ich kann Englisch). Später jedoch habe MAGAN seine ursprüngliche Bedeutung an CUNNAN abgegeben, und die Bedeutung des intellektuellen 'wissen' sei von anderen Verben übernommen worden62.

Jedenfalls hat sich die Bedeutung von CUNNAN/CAN zunächst auf den Bereich 'körperlich fähig sein' ausgedehnt. Dabei wirde MAGAN/MAY verdrängt (Push-Faktor) oder aber ein durch die Entwicklung von MAGAN/ MAY hinterlassenes Vakuum oder eine entstandene Mehrdeutigkeitsgefahr beseitigt (Pull-Faktor). Die weitere Entwicklung führte zur Bedeutung 'Möglichkeit mit Quelle in den Bedingungen der realen Welt'.

Auf der anderen Seite wird CAN in der Bedeutung 'körperlich/geistig fähig sein', in der Terminologie dieser Arbeit also in der Bedeutung 'Möglichkeit mit Quelle in der Person des propositionalen Subjekts", heute oft durch BE ABLE TO verdrängt. Vielleicht wiederholt sich hier derselbe Prozeß, der sich schon im Altenglischen zwischen CUNNAN und MAGAN vollzogen hat. BE ABLE TO tritt auch im Konjugationsparadigma an die Stelle der fehlenden Zeiten von CAN, wenn dies die Zeitenfolge im Satz erfordert.

Alle genannten Bedeutungen von CAN sind im Korpus belegt:

(Geistige) Fähigkeit:

yeah umh I have to erm assess your capabilities I see erm well we'll put your name in here school of ens- uh Norwich County Council uhm has studied for four years uh erm well now I know that you're very capable you know in French language so I'll just er have a look through these and try and assess which I think would be more suitable uhm you can hold a basic conversation in French I suppose yes (02.2)

(Körperliche) Fähigkeit:

well the only place I can see is that farmhouse over there (09.2)

Realweltliche Möglichkeit:

oh dear oh dear it (a paper) was meant to be in such a long time ago I don't know what will happen now anyway I suppose if you go back now it'll be allright but you can't go back I mean there isn't a bus for an hour (18.2)

Oft allerdings ist die Quelle der Modalität diffus, und CAN bezeichnet die Möglichkeit an sich:

I suppose that he can get a ticket and all that but (10.1)

CAN wird auch gebraucht als Bezeichnung der 'Möglichkeit mit Quelle in einer anderen Person als der des propositionalen Subjekts' (gewissermaßen 'Erlaubnis', oder besser gesagt Abwesenheit von Verbot). Jedoch ist dies meiner Meinung nach heute noch ein abgeleiteter, pragmatischer Gebrauch:

I mean this woman is complaining and of course she didn't get her way but nevertheless the complaint was that er men were being paid more than women for a cleaning job well they can't do that can they I mean (40.4)

Diese Bedeutung von CAN könnte wohl allmählich Teil der Grundbedeutung werden, aber sie kommt außerhalb des Sprechakts REQUEST, wo sie ja konversationell impliziert ist, selten vor. Prototypisch ist diese Bedeutung also nicht. Man erkennt dies auch daran, daß die Bedeutung von CAN im Sprechakt REQUEST oft scherzhaft-erzieherisch thematisiert wird und die Sprecher damit demonstrieren, daß CAN "eigentlich" nicht MAY in seiner prototypischen Bedeutung verdrängen sollte:

Child: Can I go out to play?

Adult: I don't know if you can, but you may.

CAN kann also in der Grundbedeutung alle Bereiche des Sektors "Möglichkeit" abdecken; prototypisch sind heute die extern-realweltliche Möglichkeit und auch die interne Möglichkeit oder Fähigkeit (vgl. Anhang 3).

Could ist - wenn in der Grundbedeutung von CAN gebraucht - Konditionalform, nur ausnahmsweise Imperfekt.

 


2.2.2 MAY  ­ Inhalt

MAY ist mit nur sechs Belegen im Korpus ein eher marginales Modalverb. Die Bedeutung des altenglischen MAGAN ist in MAY nicht mehr präsent. Die Bedeutung 'körperliche Fähigkeit'63 wird schon im Altenglischen diffus, und "MAGAN wird zum Ausdruck der Möglichkeit gebraucht (NED 3, 'expressing objective possibility, opportunity, or absence of prohibitive conditions'). Dies ist ein Bereich, für den auch heute noch MAY in Frage kommt."64

Die Grundbedeutung von MAY ist heute 'Möglichkeit mit Quelle in einer anderen Person als der des propositionalen Subjekts' (man vergleiche die Bedeutung des deutschen DÜRFEN). Im Korpus findet sich nur ein Beispiel, und dieses ist nicht einmal neutral in der Grundbedeutung, sondern sprechaktsignalisierend verwendet (Bitte um Erlaubnis):

may I come in for a moment (25.1)

MAY hat heute hauptsächlich Bedeutung als epistemisches Modalverb, was MAY aus dem semantischen Feld der Modalverben herauszieht, denn epistemische Bedeutungen sind keine Grundbedeutungen. Andererseits dringt CAN langsam in die Domäne von MAY ein (siehe Anhang 3).

 


2.2.3 MIGHT  ­ Inhalt

MIGHT wird bewußt nicht unter MAY, sondern unter einer separaten Überschrift behandelt. Zwischen MAY und MIGHT besteht nicht dasselbe Verhältnis wie zwischen can und could. MIGHT ist niemals Vergangenheitsform von MAY - mit Ausnahme der indirekten Rede.

I can come and go as I please.

When I was younger I could come and go as I pleased.

I may come and go as I please.

*When I was younger I might come and go as I pleased.

Aber:

He said that I might come and go as I pleased.

Auch als Konditionalform von MAY läßt sich MIGHT weder in der Grundbedeutung noch in einer übertragenen Bedeutung gebrauchen. Allenfalls epistemisch kann might als tentativere Form von MAY gelten.

Außerhalb des epistemischen Bereichs hat MIGHT heute nur Bedeutung als tentativere Variante von CAN - noch tentativer als could -, und selbst dies nur in übertragenen Verwendungen.

Daher wäre wohl MIGHT ähnlich wie CAN zu analysieren. In diesem Fall kann man folgern, daß sich MIGHT gegenüber den historischen Bedeutungsverschiebungen als resistenter erwiesen hat als MAY.

 


2.2.4 MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO  ­ Inhalt

MUST hat sich aus altenglisch MOTAN entwickelt. Dessen Bedeutung wird im Wörterbuch in wesentlichen mit 'dürfen' angegeben65. Nach STANDOP ist jedoch die Grundbedeutung von MOTAN schwerer zu fassen. Er postuliert als Grundbedeutung 'mir ist zugemessen worden' und leitet daraus ab, daß MOTAN einerseits 'dürfen' heißen konnte, andererseits 'müssen' schon inhärent ist66. Aber die Übertragung 'dürfen'-'müssen' ist meines Erachtens auch mit meiner Hypothese zu erklären, wenn nämlich die Sprecher beim Vorliegen eines Zwanges eher (aus Höflichkeit?) einen vorgeblich noch freien Willen oder ihre Erlaubnis thematisierten. Dies geschieht auch heute noch im Sprechakt REQUEST, wo unter bestimmten Umständen you can mit 'du mußt' zu glossieren ist. Diese pragmatischen Faktoren sieht STANDOP nicht, betont er doch die rein semantische Seite des Sprachwandels. Man wird ihm dies jedoch kaum vorhalten können, denn einerseits war 1957 die Beschäftigung mit der Pragmatik noch nicht verbreitet, und außerdem liegen aus altenglischer Zeit nur wenige und durchweg literarische Texte vor.

Vielleicht ist MOTAN abgedrängt worden durch denselben Prozeß, der MAY in seine heutige Grundbedeutung brachte. Die alte Bedeutung 'dürfen' spiegelt sich wider im ungewöhnlichen Verhalten von MUST in der Negation, wo die Negationspartikel nicht wie bei anderen Modalverben die Modalität, sondern vielmehr die Proposition verneint. Daher entspricht must not weitgehend may not67.

Grundbedeutung von MUST ist 'Notwendigkeit mit externer Quelle in den Bedingungen der realen Welt'. Entscheidend ist hier, wie der Sprecher die Quelle darstellen will. Es ist durchaus möglich, daß die Quelle persönlicher Natur ist; dennoch versucht durch den Gebrauch von MUST der Sprecher die (logische) Notwendigkeit zu betonen. Natürlich ist ohne diese prototypische Grundbedeutung kein abgeleiteter Gebrauch analysierbar, aber im Korpus kommt sie in reiner Form dennoch nicht vor. Alle nichtepistemischen Belege für MUST, bei denen man zunächst die Grundbedeutung vermuten könnte, sind bei näherer Betrachtung als situationsbedingt übertragen verwendet zu analysieren.

Wo MUST in der Grundbedeutung gebraucht würde, findet sich im Korpus ausschließlich HAVE TO. Dies ist interessant besonders vor dem Hintergrund der Behauptung PALMERs, daß MUST und HAVE TO weitgehend austauschbar und eventuelle Bedeutungsnuancen schwer faßbar seien68. Diese Diskrepanz zwischen PALMERs und meiner Analyse ergibt sich aus den unterschiedlichen theoretischen Ansätzen. Auf der semantischen Ebene ist es tatsächlich so, daß MUST und HAVE TO etwa dasselbe Segment im Feld der Modalverben abdecken (vgl. Anhang 3). Die Differenzierung ergibt sich durch den pragmatischen Gebrauch. Durch ihn wird HAVE TO funktionell den Modalverben gleichgestellt, auch wenn es syntaktisch nicht die gleichen Merkmale hat. Gestützt wird das natürlich auch durch die Tatsache, daß HAVE TO MUST in den nicht vorhandenen Zeiten des Konjugationsparadigmas vertritt.

Etwa in der Hälfte der Korpusbelege wird HAVE TO in der Grundbedeutung verwendet:

... so I have to assess your capabilities I see (02.1)

... if you have to pay for that sort of damage yourself (29.4)

HAVE GOT TO hat mit MUST gemeinsam, daß es nicht in seiner postulierten Grundbedeutung im Korpus vorkommt. (Übrigens kommt es wie MUST nur im Präsens vor.) Aufgrund der Natur der Belege in sprechaktanzeigender Verwendung ist für die Grundbedeutung 'Notwendigkeit mit Quelle in den Bedingungen der realen Welt' anzunehmen. Im Vergleich zu MUST und HAVE TO liegt die Betonung noch deutlicher auf der unpersönlichen Natur der Quelle der Modalität. Dieser unterschiedliche Fokus wird bei allen pragmatischen Verwendungen von HAVE GOT TO ausgenutzt.

 

 


2.2.5 WILL/WANT TO  ­ Inhalt

WILLAN bedeutete im Altenglischen eindeutig das Wollen, den Ausdruck freien Willens, wie dies ja auch noch bei seinem neuhochdeutschen Kognat der Fall ist69. Von allen englischen Modalverben hat WILL den deutlichsten Bezug zur Zukunft70.

Für die Analyse der heutigen Grundbedeutung ergeben sich zwei grundsätzliche Probleme. Zum einen sind die Belege für WILL in der Bedeutung 'wollen' im heutigen Englisch äußerst selten71. War ursprünglich die Grundbedeutung 'Notwendigkeit mit Quelle innerhalb der Person des propositionalen Subjekts' (vgl. Anhang 3), so ist es dort heute in fast allen Fällen durch WANT TO verdrängt, das formal nicht zu den Modalverben gezählt wird, aber die Funktionen eines solchen hat. Man kann andererseits auch nicht behaupten, daß diese Bedeutung vollkommen verschwunden ist, denn mindestens in der Frage und in der Negation kommen auch heute noch Verwendungen vor, die eine Wollenskomponente beinhalten:

oh great and then will you have a drink (35.6)

But she loves him and she won't leave him; so she sells herself72

Die Schwierigkeit der Analyse im Einzelfall ist durch die besondere Natur des Tempus Futur mit begründet. Es handelt sich nämlich beim Futur um ein Tempus, das ähnliche Voraussetzungen hat wie alle modalen Äußerungen: Es geht immer um hypothetische, noch nicht verwirklichte Handlungen, wie bei allen Modalverben. Man kann davon ausgehen, daß jede Aussage über die Zukunft auch immer gleichzeitig eine modale Ausage sein muß. Die Entwicklung eines Modalverbs (im Englischen WILL) zu einem syntaktischen Marker für ein Futur, in dem die modale Komponente eine untergeordnete Rolle spielt und das augenscheinlich voll ins Tempussystem integriert ist, ist daher semantisch äußerst motiviert und hat Parallelen in anderen germanischen Sprachen.

Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob WILL bereits seine Selbständigkeit als Modalverb eingebüßt hat und zu einem abhängigien Morphem grammatikalisiert worden ist. TWADDELL geht beispielsweise so weit zu behaupten, daß "... WILL has no meaning beyond prediction per se."73 JENKINS behauptet, daß es sich beim Futur nur um eine besondere Form von epistemisch gebrauchtem WILL handelt74. PALMER hingegen hält eine solche Auffassung für nicht angebracht. Er führt an, es gebe im Englischen eine besondere Konstruktion zum Ausdruck von zukünftigem epistemischem WILL, nämlich WILL + BE -ing -Form:

John will come tomorrow

John will be coming tomorrow75

Ich möchte mich auf den Standpunkt stellen, daß die prototypische Bedeutung von WILL auch heute noch im semantischen Feld der Modalverben angesiedelt ist, da sich einige Verwendungsweisen von WILL aus einem Futurmarker-Prototyp nicht herleiten lassen. Diese prototypische Bedeutung ist nicht mehr ganz mit der des altenglische WILLAN identisch, da die Quelle der Modalität nicht immer nur im propositionalen Subjekt allein zu suchen ist. WILL kann etwa paraphrasiert werden als 'Notwendigkeit mit Quelle in den Bedingungen der realen Welt, die aber durch den Willen des propositionalen Subjekts mit bedingt und verantwortet ist' (vgl. Anhang 3).

WILL unterscheidet sich von MUST dadurch, daß die Notwendigkeit in der Regel durch das Subjekt mit beeinflußbar ist, also subjektiv ist und eine deutliche Wollenskomponente hat. Dabei ist aber auch die Bedeutung 'ich garantiere, daß p der Fall sein wird' schon so weit konventionalisiert, daß WILL sich gelegentlich mit prototypischem MUST/HAVE TO überschneidet.

WILL ist andererseits bereits aus dem semantischen Feld der Modalverben "herausgewandert" und kennzeichnet eine vorhergesagte Zukunft mit (im Gegensatz zu BE GOING TO) sprecherinvolvierter subjektiver Komponente.

Die alte Bedeutung von WILLAN muß heute in der Regel durch andere Lexeme ausgedückt werden. Von diesen ist WANT TO das wichtigste.

WANT TO hat - besonders im umgangssprachlichen wanna - bereits ein typisches Merkmal der Modalverben angenommen: Es wird in der Verbalphrase - kontrastive Betonung einmal unberücksichtigt - schwachtonig gesprochen wie "richtige" Modalverben, während sonst bei der Kombination zweier Verben beide starktonig gesprochen werden:

I inténd to léave at nóon.

I want to léave at nóon.

Die Grammatikalisierung von WILL ist in der Konditionalform besonders deutlich. Would + Infinitiv stehen zusammen für die Konditionalform des Hauptverbs:

I would help him if I could.

Auch der Gebrauch von would als Marker für die Konditionalform ist vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen, daß die Konditionalform bei (noch) nicht realisierten Handlungen gebraucht wird, genau wie dies beim Futur der Fall ist.

Der Gebrauch von would als Konditionalmarker ist ebenfalls eine "Grundform" (wie futurisches will). Sie gehört zwar nicht in das semantische Feld der Modalverben, aber da es sich ja bei WILL grundsätzlich um ein Modalverb handelt, werde ich einige aus der Konditionalbedeutung abgeleitete Verwendungsweisen ebenfalls unter dem übertragenen Gebrauch von WILL betrachten müssen, da eine Unterscheidung nicht immer klar getroffen werden kann.

Negatives would kann außer der konditionalen Bedeutung auch die Imperfektbedeutung haben, die dann deutlich die Wollenskomponente zeigt. Hier ist die Parallele zu negativem will (won't) auffällig.

I had asked Thomas' opinion on this delicate matter, but he wouldn't commit himself.

well er I mean that doesn't mean to really say that the man's in the wrong just simply because the women wouldn't do it (40.2)

Would vertritt weiterhin will, would in der indirekten Rede, wenn im übergeordneten Satz eine Vergangenheitszeitform steht.

 


2.2.6 SHALL  ­ Inhalt

SHALL hat sich aus altenglischem SCULAN entwickelt, dessen Bedeutung letztlich mit SCHULDEN zusammenhängt76. STANDOP schreibt dazu: "Das 'Sollen' ist in erster Linie eine Verpflichtung oder ein 'Schuld'-Verhältnis zwischen Personen."77 SCULAN bezeichnete eine Notwendigkeit, und zwar mit einer stark personalisierten Konnotation. Es übernahm im Altenglischen noch viele Aufgaben, die heute von prototypischem MUST/ HAVE TO/HAVE GOT TO übernommen worden sind. Durch die Ausweitung des Geltungsbereichs dieser Modalverbs ist SHALL heute eingeengt auf die stark personengebundene Bedeutung, allerdings in der Regel nicht bezogen auf eine oder mehrere konkrete Personen (vgl. Anhang 3).

Es wäre allerdings nicht richtig, SHALL als Komplement zu MUST aufzufassen. MUST kann auch dort eingesetzt werden, wo die Quelle der Modalität in Personen liegt; der Sprecher thematisiert dann aber nicht diese Quelle, sondern interpretiert sie als einer nicht personenbezogenen realweltlich bedingten Quelle gleichwertig.

Shall, das formale Präsens, ist heute in seiner Verwendbarkeit stark eingeschränkt.

Zum einen - hier ist eine Parallele zu WILL vorhanden - kann shall eine Erwartung über ein zukünftiges Ereignis ausdrücken, ist also wie will als Tempusmarker verwendbar. Die präskriptive Grammatik schrieb eine komplementäre Distribution vor, wobei shall in der ersten Person Singular und Plural, will in anderen Fällen Anwendung finden sollte. Auch heute noch hat die Befolgung dieser Norm, speziell in formelleren Kontexten insbesondere des britischen Englisch, einen gewissen Prestigewert. EHRMAN geht sogar so weit zu behaupten:

... It may be said of the present-day usage... that shall is most likely to be a stylistic device expressing the same basic meaning as that of will but also reflecting a quantity of formal education which the writer wants to show.

Das mag in denjenigen Fällen richtig sein, in denen shall als Futurmarker grammatikalisiert ist. Aber für die Erklärung anderer Verwendungen braucht man doch die von mir angenommene Grundbedeutung.

Shall findet sich heute an häufigsten in Fragesätzen.

Well, what did she say she wants me to do? Shall I go up and talk to Mr. Sloane right away or shall I finish my own work first?

Hier wird nach der Notwendigkeit, die ihre Quelle in einer Person hat, gefragt.

Eine weitere wichtige Rolle spielt shall in der Juristensprache. In dieser wird es formelhaft gebraucht, um eine Notwendigkeit auszudrücken, deren Quelle der Gesetzgeber ist, also eine personifizierte Institution; die Notwendigkeit ist ausdrücklich nicht naturgesetzlich bedingt. In dieser speziellen Textsorte hat shall seine Grundbedeutung am eindeutigsten bewahrt.

In suits at common law, where the value in controversy shall exceed twenty dollars, the right of trial by jury shall be preserved, and no fact tried by a jury shall be otherwise reexamined in any court of the United States than according to the rules of the common law78.

Das erste shall im vorstehenden Beispiel zeigt eine weitere Verwendungsweise, die für die Juristensprache typisch ist. Sie verwendet shall in konditionalen Nebensätzen zur Anzeige des futurischen Bezuges (in der dritten Person), auch in if- und when- Sätzen, wo dieser Zeitbezug in der Standardsprache unbezeichnet bleibt.

Es wäre verfehlt anzunehmen, daß es sich bei obigem fast zweihundert Jahre alten Text um antiquierte Sprache handelte. Ein wenige Jahre alter Alltags-Vertragstext belehrt einen da schnell eines Besseren:

... 9. That should Lessee occupy said Premises after the expiration of this Lease with the consent of the Lessor, express or implied, such possession shall be construed to be a tenancy from month to month, and subject to all the other terms and conditions contained herein so far as applicable, and Lessee shall pay said Lessor for said Premises the same rent per month as previously charged, for such period as said Lessee may remain in possession thereof. Any notice to terminate by Lessee in a month to month lease shall be given on the 1st day of any calendar month79.

Wie man sieht, ist das Verhältnis der Juristen zu shall ungebrochen. In ähnlich formellen Kontexten (Kongreßreden usw.) taucht dieses shall ebenfalls auf.

Should ist formal Vergangenheits- und Konditionalform von SHALL, wird aber als solche fast nur noch in abhängigen Nebensätzen verwendet. Es belegt im semantischen Feld der Modalverben etwa denselben Platz wie SHALL allgemein, hat aber noch zusätzliche Konnotationen.

Deutlicher als bei shall bleibt die Quelle der Modalität diffus; sie kann nicht in konkreten Personen oder Personengruppen gesehen werden. Vielmehr ist die Quelle der Modalität eine gedachte Entität wie "der gesunde Menschenverstand" oder "das moralische Empfinden der Bevölkerung", Entitäten, die allerdings letzten Endes ihren Ursprung im Urteil vieler Personen haben. Diese sind zwar nicht konkret bestimmbar, aber die Modalität ist sicherlich nicht naturgesetzlich bedingt.

Should zeichnet sich - wie dies von einer Konditionalform auch nicht anders zu erwarten ist - besonders durch seinen tentativen Charakter aus, der im Deutschen am besten durch eigentlich wiedergegeben werden kann. Should gewinnt dabei die Konnotation der Nicht-Aktualität, was es von MUST unterscheidet:

Indeed it seems reasonable to base the distinction between MUST and SHOULD... on the question whether or not there is an implication that the event took place, i.e. on actuality.

*He must come, but he won't

He should come, but he won't80

In Sätzen wie

so I should give you the benefit of the doubt (15.6)

But in any event, full credit should be given to the Cost Section81.

ist die Grundbedeutung unzweifelhaft präsent. Should wird besonders dort gerne verwendet, wo der Sprecher eine ihm nahegelegte Notwendigkeit anzweifelt:

well why should I hand in your work anyway (119.2)

Liegt die Handlung der Proposition in der Vergangenheit, so impliziert should, daß sie nicht ausgeführt wurde, obwohl die Notwendigkeit dazu bestand. Should verhält sich insoweit genauso wie could im Sprechakt COMPLAIN:

I would have done it honestly it's very difficult for me to say anything I really should have handed it in and er but I completely forgot about it and I've just realized it was here I didn't didn't even think it was like that (18.2)

Umgekehrt impliziert shouldn't in diesen Fällen, daß eine Handlung ausgeführt wurde, wiewohl die Notwendigkeit bestand, sie nicht auszuführen:

I shouldn't have left it there I know yes (25.5)

Should verhält sich hier in der Negation also wie MUST, d.h. es wird nicht die Modalität, sondern die Proposition verneint.

 


3 Pragmatik der Modalverben  ­ Inhalt

Im vorangegangenen Kapitel wurden die Grundbedeutungen der wichtigsten Modalverben dargestellt. Das nun folgende Kapitel befaßt sich mit dem Gebrauch der Modalverben.

Ich gehe dabei so vor, daß ich die einzelnen Modalverben in Beziehung zu den einzelnen Sprechakttypen und den ihnen zugeordneten Partnerhypothesen und Sprecherabsichten setze (vergleiche die theoretischen Ausführungen weiter oben). Bei der Klassifikation der Sprechakte lehne ich mich an EDMONDSON82 an, der in seiner "deskriptivistischen Analyse" die für meine Zwecke am angemessensten erscheinende Klassifikation bietet. Etwaige Abweichungen von seinem Modell habe ich begründet und gekennzeichnet.

Die Sprechakttypen lassen sich in drei große Gruppen unterteilen. In den Sprechakttypen

CLAIM ("BEHAUPTUNG")
TELL ("SELBSTDARSTELLUNG")
REMARK ("BEMERKUNG")

werden die Modalverben in ihrer Grundbedeutung gebraucht; die Beschreibung dieser Typen kann daher knapp ausfallen. In den Sprechakttypen

REQUEST ("BITTE/BEFEHL")
SUGGEST ("RATSCHLAG")
PROPOSE ("VORSCHLAG ")
WILLING ("ANGEBOT")
COMPLAIN ("BESCHWERDE")
LICENSE ("ERLAUBNIS")
EXCUSE ("ENTSCHULDIGUNG")
JUSTIFY ("RECHTFERTIGUNG")
CONDONE ("VERGEBUNG")
UNDERTAKE ("SELBSTVERPFLICHTUNG")

dient dagegen das Modalverb im wesentlichen zur Übermittlung eben dieser Sprechaktfunktion, es erhält eine übertragene Bedeutung. Die Aussage, in der das Modalverb enthalten ist, kann nach dem GRICEschen Kooperativen Prinzip und nach den jeweils vorhandenen Partnerhypothesen nicht als CLAIM, TELL oder REMARK verstanden werden.

In den angegeben Sprechakttypen dieser Gruppe sind die persönliche Beziehungen und Interessen der Sprecher auf eine ganz besondere und nicht-neutrale Weise berührt. Mindestens einer von ihnen fungiert als propositionales Subjekt83.

Die übertragenen Bedeutungen stelle ich gegliedert nach Modalverben dar und untergliedere weiter nach Sprechakttypen.

Dabei wird der Schwerpunkt der Analyse auf dem Modalverb CAN liegen, da es das meistgebrauchte ist und die zu beschreibenden Phänomene hier am leichtesten analysierbar sind. Die Bemerkungen zu anderen Modalverben verstehen sich als Ergänzung und setzen die Kenntnis der Sprechakttypen voraus, wie sie - spezialisiert für die Analyse von Modalverben in Sprechakten - im Abschnitt über den Gebrauch von CAN entwickelt und beschrieben werden.

Die dritte Gruppe enthält nur den Sprechakttyp

OPINE ("MEINUNGSÄUSSERUNG")

Er steht in enger Beziehung zur epistemischen Modalität. Die genauen Beziehungen zwischen OPINE und der epistemischen Modalität sowie zwischen diesen und anderen pragmatischen Verwendungsweisen werden später, wieder für die verschiedenen Modalverben, untersucht werden.

 


3.1 Sprechakttypen und Grundbedeutung  ­ Inhalt

Bei EDMONDSON finden sich drei Sprechakttypen, bei denen man davon ausgehen kann, daß ein gegebenenfalls vorhandenes Modalverb in der Grundbedeutung gebraucht wird, also in der Form

Q CAUSE Mod (A,p)

 


3.1.1 CLAIM (BEHAUPTUNG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S: S glaubt, daß es im Interesse von H ist, die in seiner Aussage enthaltenene Information zu erhalten und daß diese Information für H neu ist.

S glaubt an die Wahrheit seiner Aussage.

S glaubt, daß der Wahrheitswert seiner Aussage - der Wahrheitwert der in ihr enthaltenen Information - eine Frage des Wissens ist und nicht eine Frage der Erfahrung oder der persönlichen Meinung84. S verfolgt mit seiner Absicht keine weiteren Absichten und glaubt, daß H dies erkennen wird.

Formale Beschreibung: S will, daß H glaubt, daß die in seiner Aussage enthaltene Information wahr ist85.

CLAIM ist der neutralste aller Sprechakte und hat zur Voraussetzung nur die vermutete Relevanz der Aussage für H und ihre Wahrhaftigkeit, also nach dem GRICEschen Kooperativen Prinzip ohnehin elementare Anforderungen an jeden Gesprächsbeitrag.

In CLAIM werden Modalverben in ihrer Grundbedeutung gebraucht. Beispiele für solche Verwendungen finden sich in dem betreffenden Kapitel.

 


3.1.2 TELL (SELBSTDARSTELLUNG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S: S glaubt, daß H an einer besseren Kenntnis der Person von S interessiert ist.

S verfolgt keine weitergehenden Absichten und glaubt, daß H dies erkennen wird.

Formale Beschreibung: S gibt H Informationen über S und will dadurch eine soziale Bindung zwischen S und H herstellen oder festigen86.

TELL unterscheidet sich von CLAIM durch die private Natur der gegebenen Information. H kann den Wahrheitswert der Information nicht objektiv überprüfen, denn es handelt sich ja um Informationen über Sachverhalte, die nur S zugänglich sind.

Auch hier handelt es sich um einen neutralen Sprechakt. Modalverben werden in TELL in der Grundbedeutung gebraucht.

 


3.1.3 REMARK (BEMERKUNG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S: S glaubt, daß ein Aspekt der aktuellen Gesprächsumgebung genauso Teil der gegenwärtigen Erfahrung von H wie der von S ist.

S glaubt, ein mögliches neutrales Thema für das Gespräch bereitzustellen.

Formale Beschreibung: S will, daß H glaubt, daß der betreffende Aspekt der aktuellen Gesprächsumgebung S nicht entgangen ist87.

REMARK unterscheidet sich von CLAIM dadurch, daß es nicht um für H neue Information geht. Vielmehr wird der Fokus der Aufmerksamkeit des Gesprächs zu verschieben versucht. Der Inhalt eines REMARK braucht von keinem besonderen persönlichen Gewicht für H zu sein. Wird ein Modalverb gebraucht, so geschieht dies in der Grundbedeutung, und zwar in der Annahme, daß die aufgezeigte Möglichkeit/Notwendigkeit für H unmittelbar einsichtig ist. Typischerweise ist weder H noch S propositionales Subjekt.

(A und B gehen durch den Zoo.)

A: Some of these monkeys can perform an amazing number of tricks, don't you think?

 


3.2 Modalverben, Sprechakttypen und übertragener pragmatischer Gebrauch  ­ Inhalt

Als ich die Grundbedeutungen der Modalverben beschrieb, habe ich darauf hingewiesen, daß solche auch dann postuliert werden können, wenn das betreffende Modalverb in dieser Grundbedeutung selten gebraucht wird. Das Verständnis des pragmatischen Gebrauchs setzt die Kenntnis der semantischen Grundbedeutung bei Sprecher und Hörer voraus.

Es kann als Beleg für die Stichhaltigkeit der These von der prototypischen Natur der Grundbedeutungen gewertet werden, daß beim Gebrauch der Modalverben als Sprechaktsignal die vielen Überschneidungen, Gradierungen und Mehrdeutigkeiten weitgehend neutralisiert werden. Ausgebeutet wird beim übertragenen Gebrauch immer nur der tatsächliche Prototyp. Das ist bildlich gesprochen das Zentrum des Segments, das das Modalverb im semantischen Feld einnimmt. Am ehesten neutralisiert sich die Quelle der Modalität.

So basieren alle übertragenen Verwendungen von CAN auf der quellenneutralen Interpretation

M (A,p) ('es ist möglich')

Beim Komplex MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO ist es eine diffuse, außerhalb der Person des propositionalen Subjekts liegende Notwendigkeit, während WILL eine subjektive Komponente betont. Dabei geschieht die Auswahl des zu verwendenden Modalverbs nicht nach dieser Unterscheidung allein, sondern auch nach anderen pragmatischen Kriterien. Die in der Grundbedeutung angelegte Dichotomie zwischen externen und internen Quellen der Modalität entspricht in der übertragenen Bedeutung nicht den tatsächlichen Quellen, sondern wird - zusammen mit den durch Tempusformen und andere morphosyntaktische Mittel gegebenen Möglichkeiten - zur Erfüllung der Anforderungen des kooperativen Prinzips und der hörerunterstützenden Maximen, besonders zum Zeichen von Höflichkeit und Bescheidenheit, ausgenutzt. Das ginge aber nicht ohne den Hintergrund der Grundbedeutungen. Denn Höflichkeit usw. können im Bewußtsein der Sprecher nur existieren als Kontrast zu anderen Verhaltensweisen, und genau das spiegelt sich auch in der Sprache wider.

Um ein Beispiel vorwegzunehmen: Wenn nicht die Grundbedeutung von MUST eine externe Notwendigkeit signalisierte, dann könnte diese nicht in Sätzen wie

I am afraid I must go now.

als höfliche Rechtfertigungsformel ausgelegt werden, denn es ist ja möglich, daß der Sprecher gehen will, es zwingt ihn nichts und niemand zu bleiben, aber er will den Hörer nicht verletzen und greift daher zu der - konventionellen und für die Endphase des Gesprächs spezifischen - Strategie, zu behaupten, er sei für das "unkooperative Verhalten" (Abbruch des Gesprächs) nicht verantwortlich.

Ausgegangen wird also bei allen übertragenen Bedeutungen der Modalverben von der übergreifenden Partnerhypothese, daß die Quelle der Modalität - soweit sie für das Gespräch von Bedeutung ist - sowohl Sprecher als auch Hörer bekannt ist.

 


3.2.1 CAN  ­ Inhalt

Nach den GRICEschen Kooperativen Prinzip ist eine Äußerung wie

you can leave after five ten minutes... (34.2)

nur dann im wörtlichen Sinn (d.h. mit CAN in der Grundbedeutung) geglückt, wenn sie ausreichend, aber nicht zu viel Information enthält (Quantität), wahr oder nachweislich plausibel ist (Qualität), dabei für den Hörer neu und nicht gegenwärtig ist (Relevanz) und dazu andere formale Kriterien (der Art und Weise) erfüllt.

Der Kontext des obigen Beispiels ist aber folgender: H beschwert sich über den Lärm von S's Party und S versucht, H zum Hereinkommen zu bewegen und von ihrer Beschwerde abzulenken. H weiß selbst genau, daß sie fähig ist und es ihr freisteht, nach kurzer Zeit die Party gegebenenfalls wieder zu verlassen. Wird CAN also als in der Grundbedeutung gebraucht analysiert, dann ist you can leave... kein relevanter Gesprächsbeitrag. Dennoch hat es eine wichtige Funktion: S macht H auf die Möglichkeit gesondert aufmerksam, dass sie gehen kann, wenn sie will, und unterstützt seine Bitte, H möge hereinkommen, mit dem Ratschlag, sie könne, wenn nötig, doch bald wieder zu gehen.

Ein Ratschlag ist aber ein illokutionärer Akt. (Dieser Sprechakttyp wurde hier wahllos herausgegriffen. Genaueres über Ratschläge siehe weiter unten.) Da ja H unterstellen muß, daß S das kooperative Prinzip beachtet, wird auf dem Weg über konversationelle Implikation eine relevante Bedeutung gesucht, wodurch dann you can die Bedeutung 'ich schlage vor, daß du' annimmt, also den Sprechakt SUGGEST signalisiert.

Sätze, die CAN enthalten, werden häufig in Situationen gebraucht, in denen es sowohl S als auch H bekannt ist, daß die Fähigkeit, Möglichkeit oder Erlaubnis, p zu tun, ohnehin besteht. Je nach der Art der Proposition, der syntaktischen Form des Satzes und besonders je nach den bestehenden Partnerhypothesen ergeben sich dann verschiedene Sprechakttypen.


3.2.1.1 REQUEST (BITTE/BEFEHL)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S: H weiß genau wie S, daß es H möglich ist, p zu tun.

p ist im Interesse von S, was H weiß.

H ist in der Lage, die Gründe für S' Bitte zu erkennen (entfällt bei Befehl).

Es ist nicht unmöglich, daß H auf S' Bitte hin p tut.

Formale Beschreibung: S will, daß H glaubt, daß S dafür eintritt, daß H eine zukünftige Handlung p ausführt, die im Interesse von S ist88.

yes if you can find someone (04,2)

... we'll just have to see if you could let me know though (04.2)

well do you think you could have a word with him (14.5)

... I wondered if you could give me something... (17.1)

... do you think I could have a little ice (25.4)

... couldn't you take one of the chairs in the other place (21.1)

could... you give me the number then (28.1)

I mean do you think you could turn it down (35.1)

can you give me a few more minutes (06.3)

In allen diesen Fällen impliziert der Hinweis auf oder die Frage nach der Möglichkeit von H, p zu tun, wobei p im Interesse von S ist, eine Bitte von S an H, p zu tun.

S hätte wohl die Option, H direkt auf die bestehende Möglichkeit anzusprechen. Im Korpus kommt dies nicht vor, aber Beispiele wären denkbar:

You can give me some more ice.

Allerdings klingt dieser Satz als Beispiel für eine Bitte konstruiert. Er klingt etwas rüde oder allenfalls passend als Antwort auf eine Frage wie

Would you like anything else?

Selbst dann fehlt ein please (das ein REQUEST als Bitte immer begleiten kann).

Es besteht nämlich die Notwendigkeit, den Hörer in seinen Belangen zu unterstützen. Der Sprecher darf also an den Hörer nicht allzu direkte Forderungen stellen, denn das müßte die Gefühle der Hörers (in unserer Kultur) verletzen. Durch den Gebrauch von einfachem can wie im letzten Beispiel ist dies zum Teil bereits vermieden, aber für die meisten Kontexte wohl noch immer zu spröde ausgedrückt.

S kann nämlich H noch deutlicher zeigen, daß H's Ent- scheidungsrecht, p zu tun oder nicht, selbstverständlich von der Bitte nicht eingeschränkt werden soll. S erreicht dieses gesellschaftlich vorgegebene Ziel beispielsweise dadurch, daß er die Konditionalform could anwendet (etwa mit dem Inhalt 'du könntest ja unter gewissen, vielleicht auch von dir selbst gestellten Bedingungen p tun') oder indem S scheinbar nach H's Möglichkeiten fragt, was zusätzlich auch wieder mit der Konditionalform oder der negativen Form von CAN oder beidem geschehen kann. Hörerunterstützung besteht also hier darin, H soweit wie möglich und nötig zu zeigen, daß H in seinen Handlungen frei ist. Natürlich wird H entsprechend handeln und S unterstützen müssen, indem er p auch tut oder zu tun verspricht, falls nicht schwerwiegende Gründe dagegen sprechen.

Der Gebrauch von konditionalem could oder der Frageform (positiv oder negativ) beleuchtet noch einen anderen Prozeß, der sich während der Interaktion vom S und H abspielt. Ich war davon ausgegangen, daß eine Partnerhypothese sei, H wisse genau wie S, daß es H möglich sei, p zu tun. In diesem Zusammenhang heißt aber 'wissen' nicht notwendigerweise, daß H seine Möglichkeit, p zu tun, gerade in den am höchsten aktivierten Speichern seines Bewußtseins hat. Der Effekt dieses Gebrauchs von CAN ist im Gegenteil, daß dieses Bewußtsein in H aktiviert wird. Nun handelt es sich hier ja um eine Partnerhypothese, und unser aller Erfahrung als Gesprächsteilnehmer ist es, daß diese Partnerhypothesen falsch sein können. Indem konditionales could oder die Frageform gebraucht werden, läßt man im Gespräch die Möglichkeit offen, daß man sich in der Partnerhypothese geirrt haben könnte. Erst wenn H die Möglichkeit, daß H p tut, in seinem Bewußtsein aktiviert und damit anerkennt, ist ein REQUEST geglückt - die Geglücktheit nicht nur von formalen Kriterien abhängig, sondern im gleichen Maße von der Kooperation aller Gesprächspartner.

Außerdem - und hier kommt wieder die Hörerunterstützung ins Spiel - kann dann H die Bitte abschlagen, nicht mit einem deutlichen I do not wish to do p and I am not going to, sondern mit der falschen Behauptung I can't do p, wobei er dann sein Gesicht gewahrt hat (solange S dies nicht thematisiert). H braucht sich also nicht als unkooperativ zu offenbaren, sondern kann alles quasi auf "höhere Gewalt" schieben, was schwerer angreifbar ist als die direkte Verweigerung, hieße es doch für S, H der Lüge zu zeihen. Daß S H diesen Ausweg offenhält, trägt zum erfreulichen Verlauf des Gesprächs bei.

Aus den bisherigen Beipielen ist zu entnehmen, daß eine Bitte mit CAN mit den Formen

you could do p can you do p? could you do p? couldn't you do p?

signalisiert werden kann, wobei auch die Formen

you can do p can't you do p?

nicht ganz unmöglich sind. Noch höflicher (mehr hörerunterstützend) sind Wendungen wie

do you think you can do p? I wondered if you could do p if you could do p...

die mit anderen Mitteln erweiterte und indirektere Formen der vorher erwähnten sind.

H wird alle diese Formen immer als REQUEST auffassen, wenn H p tun kann, meint, S wisse dies und p im Interesse von S ist.

Bei der Definition von REQUEST wurde bisher davon ausgegangen, daß S kein Recht auf die Durchführung von P durch H, das Recht, daß (A,p), hat. (Was hier unter Recht zu verstehen ist, wurde weiter oben beschrieben.) Sobald dies aber der Fall ist, gewinnt diese Bitte eine andere Qualität: H kann ohne Rollenverletzung die Bitte nicht abschlagen, Bitte wird zu Befehl und REQUEST wird zu REQUEST/ORDER. Auch beim Befehl können die Formen von CAN in der gleichen Weise eingesetzt werden wie bei der einfachen Bitte. Ein Befehl wird ja nicht immer im barschen Imperativ erteilt, sondern unterliegt den gleichen Hörerunterstützungsmaximen wie die Bitte. Die Partnerhypothesen enthalten im Falle des Befehl die Überzeugung:

Partnerhypothesen von S: ...Es ist unwahrscheinlich, daß H auf Befehl von S nicht p tut.

Die für die Bitte geltende Annahme von S, H sei in der Lage, die Gründe für die Bitte zu erkennen, gilt nicht für den Befehl.

REQUEST/ORDER unterscheidet sich also von REQUEST durch das Recht von S, daß (H,p) wie auch - dadurch bedingt - durch leicht unterschiedliche Partnerhypothesen. Solche Rechte können institutionell oder funktionell, aber auch individuell-situativ begründet sein.

(A hat nicht wie versprochen eine Hausarbeit von B bei dessen Lehrer abgegeben.)

A: er yeah but you know it's a oh hell I'm sorry allright I forgot

B: well you can do it tomorrow for me (19.1)

A hat, da B ein Versprechen, p zu tun, gebrochen hat, ein Recht auf Wiedergutmachung. Wenn er also B bittet, p wenigstens am nächsten statt wie versprochen am selben Tag zu tun, hat die Bitte die Kraft eines Befehls. Das einfache can drückt ein Minimum von Höflichkeit aus. Da die Beziehung von A und B ansonsten gleichberechtigt ist, zeigt sich hier, daß Recht sehr spezifisch und situationsgebunden sein kann.

Ein weiteres Beispiel für REQUEST/ORDER:

(S, Hauswirtin von H, wurde tags zuvor durch den Lärm des spät heimkommenden H im Schlaf gestört. S hat also institutionell und situativ bedingte Rechte.)

S: well I perhaps I am yes but anyway the main fact is that you know perhaps in future if you do come in late you can try and you know be fairly quiet and then in the morning if you have left anything rather untidy perhaps you can just clear it up as soon as possible (30.4)

Bei Befehlen, die ja mit den Bitten eng verwandt sind, können grundsätzlich die gleichen Formen von CAN eingesetzt werden. Daß die Tendenz zum Gebrauch des konditionalen could und der Frageformen weniger ausgeprägt ist, liegt in der Natur der asymmetrischen Beziehung der Sprecher zueinander.

Die bisherigen Beispiele für REQUEST richteten sich auf p, wobei p eine konkrete Handlung bezeichnet, die S gern von H ausgeführt sähe. Die Handlung p kann aber auch eine Sprechhandlung sein. Ich möchte hier die Bitte um Erlaubnis, das REQUEST/PERMISSION, herausstellen, da hier andere Formen von CAN gebraucht werden als bisher.

Für REQUEST/PERMISSION gelten dieselben Partnerhypothesen und Bedingungen wie für andere Bitten, nur daß hier die Handlung p daraus besteht, daß H S erlaubt, p' zu tun, wobei p' wieder eine konkrete Handlung ist.

Der Mechanismus der konversationellen Implikation läuft hier etwas anders ab als bei anderen Bitten. Nach dem dort Gesagten müßte eine Bitte um Erlaubnis etwa lauten:

can you permit me to do p'? (permit me to do p' = p)

aber statt dessen findet sich in der Regel die "abgekürzte" Form

can I do p'? could I do p'?

wobei hier wieder S klar ist, daß er p' ("eigentlich", d.h. falls nicht die Erlaubnis notwendig wäre) tun kann.

can I come in (07.1)

... em could I possibly share your desk (20.2)

... can I just give you an example for a minute (40.5; Bitte um Erlaubnis, Redezeit in Anspruch nehmen zu dürfen)

Bei REQUEST/PERMISSION hat S die Partnerhypothese über H, daß H S erlauben oder verbieten kann, p' zu tun. Formale Mittel, Höflichkeit auszudrücken, gibt es auch hier (Gebrauch von konditionalem could; auch die Negation von CAN ist denkbar, jedoch im Korpus nicht belegt).

Gleichzeitig kann der Gebrauch einer Äußerung, die wie ein REQUEST/PERMISSION aussieht, selbst wieder eine Höflichkeitsstrategie sein, wenn nämlich H kein Recht hat, darüber zu bestimmen, ob S p' tun darf. Das Recht der Entscheidung wird H im Rahmen der H-Support-Maximen pro forma zugestanden. Derartige Gesprächssequenzen sind Bestandteil fast jeder sprachlichen Interaktion und streng ritualisiert. Sie dienen zur gegenseitigen Vergewisserung darüber, ob der generelle Konsensus noch funktioniert.

Nur am Rande erwähnt sei, daß auch REQUEST/PERMISSION ein Befehl-Äquivalent hat, den "Befehl zur Erlaubnisgewährung", wenn S das Recht hat, zu bestimmen, ob S p' tut. Dieser Akt ist ironisch tadelnd und verweist H auf die Pflichten seiner sozialen oder Sprecherrolle.

Could I finish my sentence, please?

geäußert in einer Situation, in der H S ins Wort gefallen ist, wäre ein Beispiel für einen solchen Sprechakt.


3.2.1.2 SUGGEST (RATSCHLAG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S: H weiß genauso wie S, daß es H möglich ist, p zu tun.

p ist im Interesse von H.

Es ist nicht unmöglich, daß H auf S' Ratschlag hin p tut.

Formale Beschreibung: S will, daß H glaubt, daß S dafür eintritt, daß H eine zukünftige Handlung p ausführt, die im Interesse von H ist89.

erm well you can ring him up (11.2)

well you could ask the librarian she could give you a seat somewhere I'm sure... (21.1)

well can you not get it re-textured or anything like that (32.2)

well couldn't you just read it couldn't you just one get of the chairs in the other place? (21.1)

In allen diesen Fällen impliziert der Hinweis auf oder die Frage nach der Möglichkeit von H, p zu tun, den Ratschlag von S an H, p zu tun.

Die formalen Mittel, Höflichkeit auszudrücken (konditionales could, Frage, verneinte Frage) werden ebenso wie bei REQUEST eingesetzt. Der den Ratschlag gebende S sollte dem Adressaten H nicht zu nahe treten, da S H zeigen muß, daß es H natürlich freisteht, den Ratschlag zu befolgen oder nicht.

SUGGEST geschieht wie REQUEST mit den Formen

you can do p you could do p can you do p? can't you do p? could you do p? couldn't you do p?

Can't you do p? ist im Korpus nicht belegt, es ist aber leicht, selbst Beispiele zu bilden.

Der Unterschied zwischen SUGGEST und REQUEST liegt allein darin, daß bei REQUEST S, bei SUGGEST H von p profitiert. Dies kann natürlich auch wieder vom Sprecher ausgebeutet werden. Es ist immer möglich, aus taktischen Erwägungen heraus etwas so darzustellen, daß es scheint, daß H von p profitiere, während doch tatsächlich nur S dies H einzureden versucht. Dies sollte der Gültigkeit der obigen Analyse aber keinen Abbruch tun, denn ein solches Handeln - wenn es nicht in böser Absicht geschieht - entspricht der H-Support-Maxime, nach der die positiven Aspekte eines Sachverhalts für den Hörer zu thematisieren sind statt der positiven Aspekte für den Sprecher. EDMONDSON weist auch zu Recht darauf hin, daß Sprechakte "verhandelbar" seien90.

Ein Beispiel für einen solchen verhandelbaren Sprechakt findet sich in dem schon zitierten Beispiel

well you could ask the librarian she could give you a seat somewhere I'm sure... (21.1)

Ob die Sprecherin einen Ratschlag gibt, damit die Hörerin ebenfalls eine Sitzgelegenheit findet oder darum, daß ihr eigener Stuhl in Ruhe gelassen wird, kann nur der Kontext entscheiden. (In diesem Fall war es beides, wobei der Eigennutz vermutlich überwog.) In solchen Grenzfällen ist die a-posteriori-Analyse, wem p denn nun nützt, erschwert oder unmöglich gemacht, da selten von außen ein so umfassendes Bild von den Gesprächsteilnehmern gewonnen werden kann, wie dies zur Analyse nötig wäre.


3.2.1.3 PROPOSE (VORSCHLAG) ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S: H weiß genauso wie S, daß es S und H möglich ist, p zu tun.

p ist im gemeinsamen Interesse von S und H.

S glaubt, daß zwischen S und H genug Gemeinsamkeiten bestehen, daß sein Vorschlag gerechtfertigt ist.

Formale Beschreibung: S will, daß H glaubt, daß S dafür eintritt, daß S und H gemeinsam eine zukünftige Handlung p ausführen, die in beider Interesse ist91.

A: he's you know helped us but ah it's bloody difficult we've gotta do something you know don't just wanna go down to the pub tonight and say well look sorry Mike you know you can't come got to try and give him some sort of explanation I certainly don't wanna go into the other bar and just try and avoid him
B: umm perhaps if we say that We are er meeting two chicks down there or something might be an idea
A: (appreciative laugh)
B: or we can say we've made arrangements with Jane and
A: (laughs)
B: Michelle or something I dunno
A: but can't we sorta do it without havin to go to the bloke and sort of lie to him you know can't we just go and say We are going on our own we arranged this some time ago you know perhaps you can come next time (10.2)
perhaps we could share a taxi or something it see- it doesn't seem to far really... (13.2)

Hier impliziert der Hinweis auf die Möglichkeit, von S und H, p zu tun, den Vorschlag von S, daß S und H p tun. S erklärt also seine Bereitwilligkeit, an p mitzuwirken und erheischt gleichzeitig die Bereitwilligkeit von H.

PROPOSE fordert immer ein einschließendes we als Subjekt. Auch one wäre denkbar, wenn implizit we gemeint ist92. Es können wieder die schon bekannten formalen Mittel, Höflichkeit auszudrücken, angewendet werden.

PROPOSE könnte allerdings ebensogut als eine Kombination von REQUEST und WILLING gedeutet werden. EDMONDSON, von dem die hier benutzte Terminologie ja stammt, schlägt dies auch selbst vor93. Ein Beispiel aus dem Korpus belegt, daß dies auch in der Ausführung zum Tragen kommen kann:

you can turn it down a little bit and I will tolerate the small amount of noise I can still hear (35.4)

Hier sind zur gemeinsamen Handlung (nämlich einen Streit beizulegen) verschiedenartige Teilhandlungen erforderlich, aber der Eindruck, es handele sich um einen komplexen Vorschlag, bleibt dennoch bestehen. An diesem Beispiel zeigt sich eine weitere Eigenschaft der EDMONDSONschen Sprechakttypen, nämlich daß die einzelnen Typen nicht voneinander unabhängig betrachtet werden können.

Natürlich kann sich ein REQUEST oder SUGGEST jederzeit auch als ein PROPOSE maskieren, wenn S (aus welchen Gründen immer) nur vorgibt, an der Ausführung von p mitwirken zu wollen.


3.2.1.4 WILLING (ANGEBOT)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S: H weiß genau wie S, daß S p tun kann.

p ist im Interesse von H.

H befindet sich in einer Situation, in der p ihm nützen könnte.

Formale Beschreibung: S will, daß H glaubt, daß S nichts dagegen hätte, eine zukünftige Handlung p auszuführen, die im Interesse von H ist94.

erm can I get a cup of tea for you or (06.2)

can I do something for you (06.2)

well I you know I could ask around (03.2)

no not really I'm not scared I can work for a bit more (15.1)

... I could always send them on to you... (23.1)

can I go up and clean it up (31.1)

Hier impliziert der Hinweis von S auf seine eigenen Möglichkeiten, daß S H die Entscheidung überläßt, ob S p tut. Ob S oder H ursprünglich das Recht hatte, über die Ausführung von H zu bestimmen, spielt nach Abgabe des Angebots keine Rolle mehr, denn S hat mit dem WILLING auf jeden Fall sein eventuelles Recht auf H übertragen.

Wieder gelten die üblichen formalen Mittel, Höflichkeit auszudrücken. Konditionales could und die Frage werden eingesetzt. Die verneinte Frage kommt im Korpus nicht vor, aber Beispiele sind leicht konstruierbar:

Couldn't I take your check to the bank for you?

Die Bedingung, daß H weiß, daß S die Möglichkeit hat, p zu tun, ist nicht streng zu nehmen (wie auch bei SUGGEST nicht). Es kann sich dabei auch um eine neue Information handeln, wie es allgemein nicht leicht ist, tatsächlich neue und mental reaktivierte Information analytisch sauber voneinander zu trennen. Da jedoch GRICEs Maxime der Relevanz95 anzuwenden ist, so wäre es ein Verstoß, wenn S auf seine eigenen Möglichkeiten hinwiese, es klar wäre, daß sie potentiell von Nutzen für H wären und sich H dann diese Möglichkeiten nicht zunutzen machen dürfte.

Hiervon gibt es eine Ausnahme: Hat ursprünglich S das Recht, über die Ausführung von p zu entscheiden, dann kann S sein Angebot von Bedingungen abhängig machen:

I could help you make your preparations for the party if you could help me translate that poem tomorrow.

Das WILLING ist mit einem REQUEST verknüpft. Macht H ein Gegenangebot, will also die Bitte erfüllen:

Well, I guess I could do that.

dann nimmt er damit gleichzeitig S' bedingtes Angebot an.


3.2.1.5 COMPLAIN (BESCHWERDE)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S: H weiß genauso wie S, daß H die Möglichkeit gehabt hätte, p zu tun.

p wäre (in der Regel) im Interesse von S gewesen.

S und H wissen, daß H p nicht getan hat.

Formale Beschreibung: S will daß H glaubt, daß S nicht damit einverstanden ist, daß H p nicht getan hat.

Der Hinweis auf eine vergangene Möglichkeit für H, p zu tun, stellt unter diesen Umständen eine Beschwerde von S dar, daß H p nicht getan hat.

Diese Definition ist eigentlich nur ein Sonderfall der in EDMONDSON96 gegebenen Definition. EDMONDSON hebt dort eher auf eine von H tatsächlich ausgeführte Handlung p' ab, über deren Ausführung er sich beklagt. Aber wir haben es, da wir Modalverben betrachten, mit Propositionen zu tun, deren Wahrheitswert unbestimmt ist97. Wenn es also um Handlungen in der Vergangenheit geht, dann werden diese in der Regel nicht zur Ausführung gelangt sein, damit in der Beschwerde CAN verwendet werden kann. Außerdem ergibt sich, daß eine Vergangenheitsform von CAN zu verwenden ist, das Konditional der Vergangenheit in positiver Form oder in negativer Frageform, oder aber die Frageform des negativen Präsens.

you could have put it in his room (19.1)

Can't you watch what you are doing?
Couldn't
you have put it in his room?
Couldn't
you put it in his room?

Im letzten Beispiel könnte couldn't auch einfache Vergangenheit von CAN sein.

Die negativen Frageformen sind höflicher, denn sie geben H die Möglichkeit, das Unterlassen von p mit einer Unmöglichkeit zu begründen. Je nach den Rechten von S und H wird S eine solche Begründung akzeptieren müssen oder nicht.

Ein COMPLAIN ist aber auch über eine tatsächliche Handlung denkbar, wenn man sie mit CAN formuliert und dabei vorgeblich die Quelle der Modalität erfragt:

How can/could you just sit there and read when I am/was working like a slave?

EDMONDSON98 unterscheidet die Unterfälle Kritik, Anschuldigungen usw., aber in jedem Fall ergeben sich dieselben Partnerhypothesen und dieselben Verwendungsweisen von CAN.

3.2.1.6 LICENSE (ERLAUBNIS)

Partnerhypothesen von S: H weiß genau wie S, daß H p tun kann.

p ist im Interesse von H, vielleicht auch gegen das Interesse von S.

S hat das Recht, über die Ausführung von p zu entscheiden, und es ist daher anzunehmen, daß H p ohne Erlaubnis nicht tun würde.

Formale Beschreibung: S will, daß H glaubt, daß S nicht dagegen ist, daß H eine zukünftige Handlung p ausführt. S gibt damit sein Recht, über die Ausführung von p zu bestimmen, zugunsten von H auf.

If I finish my work I shall come up and you can turn it up again but for the next two hours I'm gonna be working solidly (35.6)

... you can come next time (10.2)

In einem solchen Fall impliziert der Hinweis von S, daß H p tun kann, die Erlaubnis von S an H, p zu tun.

Im Abschnitt REQUEST habe ich gezeigt, daß CAN in einer Bitte nicht um die Ausführung einer Handlung, sondern spezieller um die Erteilung einer Erlaubnis gebraucht werden kann. Der Sprechakt LICENSE ist die darauf erwartete Handlung. Sie wird mit der Form

you can do p

gebildet. Umgekehrt zeigt die Form

you can't do p

die Verweigerung einer Erlaubnis an:

... and say well look sorry Mike you know you can't come (10.2)

Es ist in diesen Fällen vielfach nicht eindeutig bestimmbar, ob P im Interesse von S oder von H ist. Im letzteren Fall handelt es sich um die negative Form des Sprechakts LICENSE:

S -PERMIT (H,p)

im anderen Fall handelt es sich eher um REQUEST/ ORDER, wobei S das Recht hat, zu bestimmen, ob (H,p), und die Handlung ein Unterlassen ist:

S ORDER (H,-p)

Eine weitere Ambiguität der Sprechakte ergibt sich, wenn es nicht klar ist, ob S ein Recht hat, über die Ausführung von (H,p) zu bestimmen, Hat er es nicht, dann wäre der Sprechakt nicht LICENSE, sondern SUGGEST.

Im Sprechakt LICENSE rückt CAN ganz nahe an - und ersetzt - performativ gebrauchtes MAY.

Es scheint hier nicht möglich zu sein, Höflichkeit durch Frage- und/oder Konditionalformen auszudrükken. Could kommt nur vor, wenn die Erlaubnis an eine Bedingung geknüpft ist.


3.2.1.6 Andere Sprechakte  ­ Inhalt

CAN kann auch in den Sprechakten

EXCUSE ("ENTSCHULDIGUNG")
JUSTIFY
("RECHTFERTIGUNG")
CONDONE
("VERGEBUNG")

gebraucht werden.

Partnerhypothesen von S:

EXCUSE/JUSTIFY

S hat p getan, was p weiß. p ist potentiell sozial diskriminierend.

CONDONE

H hat p getan, was S weiß. p ist potentiell sozial diskriminierend.

Formale Beschreibungen:

EXCUSE

S will, daß H glaubt, daß S nicht voll verantwortlich dafür ist, daß S p getan hat.

JUSTIFY

S will, daß H glaubt, daß p, wofür S voll verantwortlich ist, nicht sozial diskriminierend ist.

CONDONE

S will, daß H glaubt, daß S H nicht für sozial diskriminiert hält, nur weil H p getan hat99.

Wenn in einem dieser drei Sprechakte CAN gebraucht wird, dann immer, um darauf hinzuweisen, daß der Ausführende der Handlung keine Möglichkeit einer anderen Handlungsweise hatte. Dies geschieht mit der Vergangenheitsform oder der negativen Konditionalform couldn't oder der dazugehörigen, hier immer rhetorisch gemeinten Frage mit could100.

(A hat B nicht wie versprochen vom Bahnhof abgeholt.)

EXCUSE - A: I couldn't get there in time because I had forgotten about the heavy evening traffic.

oder:

JUSTIFY - A: Could I come to the station like nothing had happened when my mother was having her heaviest seizure in over a year?

CONDONE - B: Well, I guess under the circumstances you couldn't.

Man könnte mit einiger Berechtigung diese Sprechaktdefinitionen um eine Komponente erweitern. EDMONDSON101 spricht nur von potentiell sozial diskriminierenden Handlungen p. Aber wie auch anderweitig macht der Gebrauch von Modalverben in bestimmten Sprechakten leicht abweichende oder spezielle Definitionen notwendig. Hierin liegt ja unter anderem die Stärke der Modalverben, nämlich der Aussage verschiedene subjektive oder hypothetische Tönungen zu verleihen. Ich schlage daher vor, die obigen Definitionen dahingehend zu erweitern, daß die Handlung p auch in der Gegenwart oder Zukunft angesiedelt sein kann. Dies entspricht der hypothetischen Natur der mit Modalverben formulierbaren Aussagen.

Ich bin mir darüber im klaren, daß zwischen den Sprechakttypen Abgrenzungsschwierigkeiten auftreten können. So könnte eine vorsorgliche Entschuldigung oder Rechtfertigung auch als Bitte um Erlaubnis ausgelegt werden. Aber diese Erlaubnis kann ja wegen der notwendigen Stichhaltigkeit der angeführten Entschuldigungs- und Rechtfertigungsgründe von einem kooperativ handelnden Partner gar nicht verweigert werden. (Daß die Gründe stichhaltig sein müssen, ergibt sich aus den Gesprächsmaximen der Wahrhaftigkeit und Relevanz.) Es geht dem Sprecher gar nicht um eine Erlaubnis, sondern um Verständnis für seine gegenwärtige oder zukünftige Handlungsweise. Ebenso ist ein unter diesen Bedingungen ausgesprochenes CONDONE keine Erlaubnis im eigentlichen Sinne, sondern eine Mitteilung darüber, daß das Verständnis da ist. Wollte man für die Auslegung als REQUEST/PERMISSION argumentieren, so könnte auch EXCUSE, JUSTIFY und CONDONE im Zusammenhang als nachträgliche (Bitte um) Erlaubnis definiert werden. Es treten also durch die Hinzunahme gegenwärtiger und zukünftiger Handlungen keine Abgrenzungsschwierigkeiten auf, die nicht ohnehin bestünden.

Da sich im Korpus keine Belege finden, die nicht auch als CAN in der Grund- oder einer pragmatisch übertragenen Bedeutung erklärbar wären, mag diese Erweiterung müßig erscheinen. Aber solche Beispiele lassen sich finden:

I can't make it today because I haven't been able to find a babysitter.

Der Hinweis auf die nicht bestehende Möglichkeit ist hier als Ausdruck von JUSTIFY zu deuten. Entsprechendes gilt für EXCUSE und CONDONE.

Der eigentliche Grund, die Erweiterung auf gegenwärtige und zukünftige Handlungen vorzunehmen, liegt im Gebrauch von MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO in diesen Sprechakten, von denen das negative can't der logische Widerpart ist.

 


3.2.2 MAY  ­ Inhalt

Die Grundbedeutung von MAY ist 'Möglichkeit mit Quelle in einer anderen Person als der des propositionalen Subjekts'.

Genau wie aber der Gebrauch von MAY in der Grundbedeutung eine marginale Rolle spielt, so gilt dies auch für den übertragenen Gebrauch. MAY kann nur die Sprechakte REQUEST in der Sonderform REQUEST/PERMISSION und auch LICENSE anzeigen. Die sprechaktsignalisierende Funktion von MAY ergibt sich in diesen Fällen daraus, daß die Quelle der Modalität und der Gesprächsteilnehmer, der das Recht hat, über die Ausführung von p zu bestimmen, identisch sind. Nicht ganz zu Unrecht ließe sich hier argumentieren, daß eine übertragene Bedeutung von MAY hier eigentlich nicht entsteht, sondern daß aufgrund der Gleichzeitigkeit des Vorliegens der Modalität und der Gesprächssituation ein performativer Gebrauch von MAY vorliegt, und zwar in der Grundbedeutung. Ein solcher Gebrauch wird in der Literatur gelegentlich mit der Bezeichnung deontische Modalität als besondere Form der Modalität angesehen102. Man kann aber das vorliegende Phänomen ohne weiteres auch im Rahmen der von mir angewandten Diskurstheorie, also speziell mit der Analyse von Partnerhypothesen und Gesprächssituation, erfassen.

In meinem Korpus finden sich keine Belege für ein dergestalt gebrauchtes MAY. PALMER verweist ebenfalls darauf, daß MAY als Anzeiger für LICENSE selten und formell ist103. MAY in REQUEST/PERMISSION ist ebenfalls formeller als CAN, ansonsten inhaltlich aber mit diesem austauschbar.

 


3.2.3 MIGHT  ­ Inhalt

Wie bereits bei der Beschreibung der Grundbedeutung von MIGHT gesagt, fungiert MIGHT heute als tentativere Variante von konditionalem COULD auch in der übertragenen Bedeutung. Als solches läßt es sich in den Sprechakten

REQUEST (aber nicht REQUEST/PERMISSION) SUGGEST PROPOSE WILLING COMPLAIN

einsetzen; bemerkenswerterweise nicht dort, wo MAY für CAN eintreten kann, aber auch nicht in EXCUSE und auch nicht in JUSTIFY oder CONDONE. Der Geltungsbereich von MIGHT ist also gegenüber could eingeschränkt.

Im Korpus finden sich Belege für REQUEST und PROPOSE:

you might buy me a bloody beer man (27.1)

we might forget about it (31.2)

Das letztgenannte Beispiel könnte PROPOSE oder vielleicht auch WILLING sein. Denn auch SUGGEST, WILLING, COMPLAIN sind denkbar:

I might talk to Mike for you.

You might ask for a refund on this dress.

You might have explained this to me earlier.

Zahlen- und bedeutungsmäßig treten die Belege für MIGHT im übertragenen Gebrauch hinter dem epistemischen Gebrauch von MIGHT zurück.

 


3.2.4 MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO  ­ Inhalt

Die Grundbedeutung der Lexeme lautet etwa 'Notwendigkeit mit Quelle in den Bedingungen der realen Welt'.

Grundsätzlich sind alle drei in den Sprechakten

REQUEST
SUGGEST
PROPOSE
COMPLAIN
EXCUSE
JUSTIFY
CONDONE

anwendbar. Sie unterscheiden sich aber durch ihre Frequenz in diesen Sprechakten. Es lassen sich hier Anzeichen für eine zunehmende Spezialisierung im Gebrauch erkennen. Besonders MUST hat heute im System der Modalverben eine besondere Stellung. Die Grundbedeutung ist noch klar präsent und erkennbar, aber sie ist im Korpus nicht mehr als solche verwendet. Auch die anzutreffenden sprechaktanzeigenden Verwendungen von MUST sind recht spezialisiert. Zwar kann man noch nahezu alles, was durch HAVE TO ausgedrückt werden kann, auch durch MUST ausdrücken. Aber die Sprecher scheinen diese Möglichkeit nur noch begrenzt wahrzunehmen. Ist es zu vorschnell gedacht, zu hypothetisieren, daß MUST gerade im Begriff ist, vollständig von HAVE TO und HAVE GOT TO verdrängt zu werden und sich auf den epistemischen Gebrauch zu spezialisieren, den diese nicht oder nur mit Einschränkungen abdecken? Eine Parallele zu MAY drängt sich auf.


3,2.4.1 REQUEST (BITTE/BEFEHL)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

you must admit... (27.2; 39.1; 39.5)

and erm there's part of the form that I believe you have to fill in you see (02.1)

it's just that you 've got to say what my standard is (02.1)

Hier impliziert der Hinweis auf eine externe Notwendigkeit die Bitte von S an H, daß H p tun möge. Die Quelle der Modalität ist neutralisiert, so daß sie auch personenbezogen sein kann. Dieses Phänomen der Neutralisierung der Quelle kennen wir ja schon aus den übertragenen Verwendungen von CAN.

Wenn S das Recht hat, über die Ausführung von p zu bestimmen, wird aus der Bitte, wie bei CAN beschrieben, ein Befehl:

Don't be so - you don't have to be dramatic about it.

you 've got to be considerate (35.3)

well this is your house you 've got to deal with it I don't (35.3)

Allgemein wird aber für Bitten und Befehle MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO gemieden. Es finden sich im Korpus nur vereinzelte (und - wie im letzten Beispiel - nicht immer eindeutig zuzuordnende) Belege. Wegen der H-Support-Maxime und den daraus folgenden Höflichkeitsregeln finden sich für Bitten und Befehle im Korpus hauptsächlich schwächeres can, could, should oder would. Es scheint nicht höflich zu sein, auf einen Zwang so unverblümt hinzuweisen. Nur HAVE GOT TO kommt öfter als nur vereinzelt in einem REQUEST vor, denn dieses Modalverb ist in der Grundbedeutung deutlicher als die beiden anderen auf extern-realweltliche Quellen fixiert und und unterliegt auch in übertragenen Bedeutungen nicht so stark der Quellenneutralisierung. Daher wird es nicht so leicht so verstanden, als läge die Quelle der Notwendigkeit in einer anderen Person als der des propositionalen Subjekts, was ja durch die Unterstellung einer Unterordnung von H unter einen fremden Willen die H-Support-Maxime verletzt.

MUST kommt im Sprechakt REQUEST nur im formelhaften Gebrauch im kontroversen Gespräch im Korpus vor - ein Beleg für die fortgeschrittene Spezialisierung.


3.2.4.2 SUGGEST (RATSCHLAG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

now the thing is you 've obviously got to tell him who you are (09.2)

Hier impliziert der Hinweis auf die externe Notwendigkeit den Ratschlag von S an H, p zu tun.

Das obige Beispiel ist das einzige im Korpus. Es wären aber auch andere denkbar:

You must/have to go over and see John because I had the impression he might have a job for you.

Es könnte sein, daß - wie in REQUEST - die Erwähnung einer Notwendigkeit in den meisten Situationen zu unhöflich wirkt und daher ein Sprecher eher geneigt ist, in einem SUGGEST CAN oder SHOULD zu gebrauchen. MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO markieren eine stark drängende Form eines Ratschlags:

You must go and see the new Woody Allen movie. It's absolutely hilarious and you won't regret going.


3.2.4.3 PROPOSE (VORSCHLAG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

... we have to tell him before we go (11.1)

... we 've obviously gotta do something very quick about it (09.1)

... we 've got to wait over the long run (37.4)

Hier impliziert der Hinweis auf die externe Notwendigkeit, daß S vorschlägt, S und H sollten p tun, also seine eigene Bereitwilligkeit erklärt und die Bereitwilligkeit von H erheischt. Subjekt ist einschließendes we (vgl. aber Anmerkung 92).

MUST kommt im Korpus in dieser Verwendung nicht vor, und HAVE GOT TO überwiegt deutlich HAVE TO. Die Gründe sind dieselben wie oben unter REQUEST dargestellt, haben also mit der H-Support-Maxime zu tun.


3.2.4.4 COMPLAIN (BESCHWERDE)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

Do you have to look at me like that?

You don't have to stare at those people like they were beings from outer space.

Die Frage nach - und der dadurch implizierte Zweifel an - der Notwendigkeit einer Handlung von H impliziert eine Beschwerde von S über diese Handlung.

Im Gegensatz zu CAN im Sprechakt COMPLAIN werden MUST/HAVE TO zusammen mit tatsächlich ausgeführten Handlungen gebraucht, sofern es sich um Gegenwart oder Vergangenheit handelt. Thematisiert wird nicht, wie in

Couldn't you have fixed the car some other time?

eine vom Sprecher als möglich betrachtete alternative Handlungsweise, sondern die kritisierte Handlung selbst, also direkt die Tatsache, daß H p getan hat (oder tut oder auch zu tun beabsichtigt) und nicht, daß H nicht p' getan hat

Entsprechend finden sich als Formen in COMPLAIN nicht die positive Aussage oder die negative Frage, sondern die positive Frage oder die negative Aussage. MUST ist in COMPLAIN selten, HAVE GOT TO scheint mir gar nicht möglich zu sein.


3.2.4.5 EXCUSE, JUSTIFY und CONDONE  ­ Inhalt

Hier liegt die eigentliche Domäne von übertragen gebrauchtem MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO.

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung kann man unter CAN nachlesen.

Dabei gelten die dort vorgenommenen Erweiterungen hier in ganz besonderem Maße. MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO werden besonders dazu verwendet, Verständnis vorsorglich zu erheischen oder zu zeigen.

EXCUSE

A: well er yes I expect we do I I know when I was in France last year for a short holiday and I felt tongue-tied I felt I couldn't speak as much as I wanted to
B: well Simon I must get back to my exercise books now best luck on the course
A: well thank you very much sir
B: byebye
A: bye (01.2)

I was in this very interesting physics class and it went on and on and the professor caught me and he went on and on and I had to do further calculations and I completely forgot about it (18.2)

JUSTIFY

 

A: you sure you haven't credited it to someone else
B: no I can't make a mistake like that can I I mean it's
A: well let's have a look
B: a simple matter to put strokes down six baskets I I'm not you know I don't want to
A: I I
B: argue about this with you but
A: no no
B: we do have to keep a complete tally of these otherwise
A: all right yes (14.2)

CONDONE

A: I'm sorry you had to wait.
B: Well I can understand that phone call was important so you had to make it first.

Es handelt sich in keinem dieser Fälle um die Grundbedeutung. Es geht nämlich immer um eine potentiell sozial diskriminierte Handlung (oder um ein potentiell sozial diskriminiertes Unterlassen). In der Regel muß eine explizite Begründung gegeben werden. Wenn diese Begründung nur in einer nicht näher bezeichneten Notwendigkeit liegt, wie im Beispiel zu JUSTIFY oben, dann erscheint die Aussage unvollständig, zumindest unhöflich. In diesem Beispiel ist es auch bezeichnenderweise der Chef, der zu seinem Angestellten spricht und der nach dem oft in solchen Fällen anzutreffenden Selbstverständnis der Beteiligten seine Handlungsweise auch gar nicht richtig zu rechtfertigen braucht.

Die Handlung, um die es geht, ist in der Mehrzahl der Fälle nicht im Sprechakt selbst genannt. Sie ist implizit klar oder sonst aus dem Kontext des Gesprächs abzuleiten.

In den Sprechakten EXCUSE und JUSTIFY nimmt MUST wiederum eine Sonderstellung ein. Etwa ein Drittel der im Korpus vorkommenden MUST-Belege können als Ausdruck einer dieser Sprechakttypen gewertet werden. Von diesen begründen die meisten 'ich muß/möchte dieses Gespräch beenden' (aus Gründen der Höflichkeit kann MUST allgemein den freien Willen des Sprechers verschleiern, der offen ausgedrückt unkooperativ wäre), der Rest initiiert einen Gesprächsbeitrag (I must explain o.ä.). MUST steht also vorzugsweise da, wo es darum geht, das Gespräch zu strukturieren. Das gleiche kann man von den you must admit sagen, die vordergründig REQUEST sind.

 


3.2.5 WILL  ­ Inhalt

WILL ist das schwierigste Modalverb bei der Beschreibung des übertragenen Gebrauchs. Es hatten sich ja schon bei der Beschreibung der Grundbedeutung Probleme ergeben, die daher rühren, daß WILL vielfach seinen modalen Gehalt verliert und als Futurmarker, also als abhängiges Morphem, dient. Dennoch war ich zu dem Schluß gelangt, daß WILL ins semantische Feld der Modalverben gehört. Ich hatte zur Begründung unter anderem auf die aus der Grundbedeutung abgeleiteten übertragenen Verwendungsweisen verwiesen, denen der folgende Abschnitt gewidmet ist.

Die Grundbedeutung von WILL ist etwa zu paraphrasieren als 'Notwendigkeit mit Quelle in den Bedingungen der realen Welt, die aber durch den Willen des Subjekts mit bedingt und veranlaßt wird'. Es ist in dieser Grundbedeutung eine subjektive Wollenskomponente enthalten, andererseits deckt die gegenüber 'Notwendigkeit mit rein interner Quelle' entpersonalisierte Grundbedeutung bereits einen Teil der futurischen Verwendungsmöglichkeiten mit ab, die ja mit darin begründet liegen, daß sich alle Modalverben auf nicht realisierte Handlungen beziehen und futurische Handlungen schon ihrer Natur nach noch nicht realisiert sind. Von daher ist es nicht immer einfach zu beurteilen, ob sich eine übertragene, sprechaktanzeigende Verwendung von WILL eher aus der futurischen Komponente oder aus der Wollenskomponente der Grundbedeutung ableitet. In den Sprechakten CLAIM, TELL und REMARK ist das reine WILL des Wollens nicht anzutreffen, wenn man von gelegentlichen Fällen von won't, wouldn't absieht. In diesen Sprechakten muß auf Ersatzlexeme zurückgegriffen werden, von denen WANT TO das wichtigste ist:

I don't really want to go but I must go (03.1)

In den übertragenen Bedeutungen ist aber WILL aus der Grundbedeutung (mit) abgeleitet. Der Wille des Subjekts bedingt die hypothetische Notwendigkeit mit, die in der Interpretation enthalten ist.


3.2.5.1 UNDERTAKE (SELBSTVERPFLICHTUNG)  ­ Inhalt

Es zeigt sich schon in der Notwendigkeit zur Einführung eines Sprechakts UNDERTAKE, daß WILL recht komplex ist und sich nicht ganz mit denselben Erklärungsmustern fassen läßt, die ich bisher bei den übertragenen Bedeutungen benutzt habe. Einen Sprechakt UNDERTAKE gibt es bei EDMONDSON, dessen Sprechaktklassifizierung ich sonst weitgehend übernommen habe, nicht.

Man ist zunächst versucht, Vorkommnisse von UNDERTAKE als Fälle von WILLING oder RESOLVE zu interpretieren.

WILLING bedeutet bei EDMONDSON:

S wishes H to believe that S is not against performing a future act A, as in the interests of H104.

während RESOLVE bedeutet:

S wishes H to believe that S is in favor of S's performing a future act, as in the interests of S105.

Dabei schränkt EDMONDSON für WILLING ein:

A Willing is not an undertaking to do A106.

und für RESOLVE:

Note that 'resolve' implies a determination to do A which the speaker does not necessarily have in making a Resolve107.

Der Fall, daß eine bindende Verpflichtung, p zu tun, eingegangen wird, ist bei EDMONDSON nicht vorgesehen. In WILLING wird das Angebot erst dann verpflichtend, wenn es von H angenommen wird. Auch ein Entschluß (RESOLVE) ist noch verhandlungsfähig und allenfalls eine tentative Absichtserklärung, insbesondere dann, wenn von dem Entschluß von S Interessen von H berührt werden.

UNDERTAKE ist eine Verbindung von WILLING und RESOLVE mit der zusätzlichen Eigenschaft, daß die Interessenlagen von S und H neutralisiert sind. Es ist weniger verhandlungsfähig und - deutlichstes Kennzeichen - beinhaltet eine von einer Zustimmung von H nicht abhängige Selbstverpflichtung, p zu tun.

Partnerhypothesen von S: S glaubt, daß H damit einverstanden ist, daß S p tut, wobei p im Interesse von H ist.

Oder: S hat das Recht, über die Ausführung von p zu entscheiden, und glaubt, daß H dies weiß.

Formale Beschreibung: S will, daß H glaubt, daß S die Verpflichtung eingeht, eine zukünftige Handlung p auszuführen.

Es ist im Laufe dieser Beschreibung sicher klar geworden, wie gerade durch den häufigen Gebrauch von WILL im Sprechakt UNDERTAKE die Verwendung von WILL als grammatischem Futurmarker unterstützt wird. Die Entwicklungskette ist etwa wie folgt zu skizzieren:

Ich will p (das wäre Grundbedeutung)

Ich verpflichte mich, p zu tun (UNDERTAKE)

Ich glaube, daß ich meine Verpflichtung, p zu tun, einhalten kann (Ernsthaftigkeitsbedingung)

Wenn ich das kann, dann wird p ausgeführt werden (logische Folgerung)

p wird ausgeführt werden (faktuell)

Es ergibt sich aus dieser Kette eine Alternative zur Erklärung des Gebrauchs von will als Futurmarker aus der Grundbedeutung. Es könnte durch Verallgemeinerung und Konventionalisierung dahin gekommen sein, daß nun will (das ja sonst in diesem Sprechakt - wenigstens implizit - S als Subjekt hat) im faktuellen Gebrauch auf andere Subjekte bezogen wird. Damit wäre das englische Futur nicht aus der Grundbedeutung abgeleitet, sondern auf dem Umweg über UNDERTAKE entstanden. Auch ein Bericht über die Selbstverpflichtung eines Dritten (she will...) kann so zum Futur konventionalisiert werden.

Für die Herkunft des englischen Futur gibt es noch eine dritte Erklärungsmöglichkeit, nämlich die Herkunft aus der epistemischen Verwendung von WILL. Diese wird weiter unten abgehandelt.

Es sei am Rande vermerkt, daß man die Verwendung eines UNDERTAKE mit der ersten der beiden genannten Partnerhypothesen ohne weiteres als 'Versprechen' glossieren könnte.

Beispiele für UNDERTAKE:

and when I say that I will do something I will stand by it (03.2)

Dieses Beispiel illustriert sehr schön, was die Haltung des Sprechers ist.

yeah but I mean I will be sober (05.6)

I promise you that in the morning I will phone up (06.3)

well of course I will yes (06.3)

I won't turn it on again (06.2)

I 'll try and rectify them (30.3)

In UNDERTAKE werden die Formen

I will do p (I'll do p) I will not do p (I won't do p)

gebraucht. Die Frageform ist nur als Frage nach einer Selbstverpflichtung möglich; die Konditionalform gar nicht, da UNDERTAKE weder von der Zustimmung von H abhängig ist noch von seiner Natur her als verhandlungsfähig verstanden wird.

Hingegen kann das Subjekt in der dritten Person stehen:

... I'm quite sure it won't arise again (03.4)

I promise and this won't happen again (06.3)

You will be back at ten o'clock at the latest.

Hierbei handelt es sich aber ebenfalls um Selbstverpflichtungen von S, nämlich den Zustand oder die als Ereignis ausgedrückte Handlung p herbeizuführen. Die Willenskomponente ist hier sehr stark ausgeprägt. Es handelt sich eindeutig nicht um die rein faktuelle Beschreibung einer zukünftigen Handlung.


3.2.5.2 REQUEST (BITTE/BEFEHL)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

Will/Would you pass the salt(, please)?

Hier impliziert die Frage nach den Absichten von H die Bitte von S an H, p zu tun. Um eine tatsächliche Nachfrage kann es sich nicht handeln, da in der gegebenen Situation - Nichtwissen, ob H p für sich als wünschenswert sieht - S eine solche Absicht nicht oder noch nicht gebildet haben kann.

Vielmehr ist der Gebrauch von WILL ein Mittel, Höflichkeit auszudrücken, das darin besteht, daß der Wille oder die Absicht von H thematisiert werden und nicht die Wünsche und Bedürfnisse von S (H-Support-Maxime). Der dadurch gezeigte Respekt bzw. die dadurch gewahrte Distanz können durch die Verwendung der Konditionalform would noch gesteigert werden. Ein REQUEST kann also mit den Formen

will you do p? would you do p?

ausgedrückt werden, wobei der beabsichtigte Sprechakt wie bei CAN noch durch ein hinzugefügtes please zusätzlich verdeutlicht werden kann.

Auch won't kann in REQUEST gebraucht werden:

Won't you say hello to an old friend?

wobei aber ein Unterton der Kritik an der bisherigen Nichtausführung von p spürbar wird. Damit kommt dieser Gebrauch einem COMPLAIN nahe. Aber im Unterschied zu diesem kann es sich immer nur um ein noch nachträglich korrigierbares Verhalten handeln, was für COMPLAIN nicht zu gelten braucht. Hier ist schon fast die Grenze zu REQUEST/ORDER überschritten, da S aufgrund einer sozialen oder anderweitigen Schuld ein Recht auf Wiedergutmachung hat.

You will remain seated until you are called in.

All operators will remain at their desks during the emergency.

Hier ist das Recht von S, über die Ausführung von p zu bestimmen, noch deutlicher. Es ist kaum möglich, WILL hier noch als direkt aus der Grundbedeutung abgeleitet zu erklären. Es könnte sich um den übertragenen Gebrauch eines konventionalisierten übertragenen Gebrauchs handeln, wobei ein UNDERTAKE in der Bedeutung 'ich werde sorgen für' in einer spezifischen Sprechsituation in ein REQUEST/ORDER übergeführt wird, also performativ gebraucht wird. Will man aber davon ausgehen, daß es ein WILL mit rein futurischer Grundbedeutung gibt, dann steht diese bei einem solchen REQUEST/ORDER Pate.

Dies ist ein gutes Beispiel, wie ein Gebrauch eines Modalverbs konventionalisiert werden kann und dann aus dieser neuen, nicht mehr über den Umweg über die Konversationsmaximen, sondern direkt verständlichen Bedeutung wiederum eine übertragene Bedeutung abgeleitet werden kann - ein pragmatisches Prinzip wird semantisiert. Der Prozeß von pragmatischer Übertragung der Bedeutung und Konventionalisierung ist zyklischer Natur.

Die so ein REQUEST/ORDER signalisierende Form ist

you will do p

wobei im letzten Beispiel all operators ebenfalls wie ein you zu interpretieren ist. (For all of you who are operators: You will...)

Wie ich schon im Abschnitt über die Grundbedeutungen von WILL gesagt habe, ist would als Marker für das Konditional grammatikalisiert worden, ohne daß noch viel von der Willenskomponente zu merken wäre. Wie auch futurisches will in übertragener Bedeutung gebraucht werden kann, so ist dies auch für would möglich. Hier ist analytisch zu unterscheiden zwischen WILL als Signal für ein REQUEST, das in den Formen will und (tentativ) would erscheint, wobei aber der Wille von H thematisiert wird, und dem konditionalen would als Signal für REQUEST in Sätzen, in denen das Subjekt unbelebt ist:

... a cup of tea would be lovely... (07.3)

... yes that would be fantastic (07.3)

well that would be very kind (20.3)

Typischerweise geht einem solchen REQUEST WILLING voraus.

Ganz ähnlich zu analysieren sind die folgenden Beispiele mit I als Subjekt, die ebenfalls REQUEST sind:

... I 'd just like to be alone (06.2)

... I 'd love a cup of tea (06.2)

... and I 'd like to go (04.1)

Hier liegt die sprechaktsignalisierende Funktion nicht in would allein, sondern vielmehr in der Verbindung von Konditionalmarker und Verb des Wünschens und Wollens.

Will you?/won't you? ist tag question hinter Imperativen, was abschwächend-höflich wirken kann:

Let me see one of those copies, will you?

Gelegentlich wirkt dieser Gebrauch aber auch ironisie- rend-herabsetzend:

Show some concern about others, will you?


3.2.5.3 SUGGEST (RATSCHLAG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

Es ist nur eine Art denkbar, WILL in SUGGEST zu gebrauchen :

I would level with him and tell him what really happened.

I would try to catch the 51A bus at the downtown parking garage.

Es impliziert also

I would do p

was als Kurzform der darunterliegenden, aber oft unausgesprochen bleibenden Konstruktion

If I were you, I would do p

betrachtet werden kann, einen Vorschlag von S an H, p zu tun. Die einfachste Analysemöglichkeit ist die direkte Ableitung aus der grammatikalischen Funktion von would als Konditionalmarker. Es ist allerdings theoretisch auch möglich, I would direkt aus der Grundbedeutung von WILL abzuleiten und mit 'mein Wille/Bestreben (an deiner Stelle) wäre es' zu paraphrasieren.

Im Korpus kommen Beispiele von WILL für den Sprechakt SUGGEST nicht vor.


3.2.5.4 WILLING (ANGEBOT)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

Bei WILLING begegnet uns dieselbe Konstruktion wieder, die wir schon bei REQUEST mit WILL kennengelernt haben, nämlich die Kombination von would mit einem Verb des Wünschens und Wollens:

... would you like to come downstairs... (07.3)

... would you like to have a look at it... (15.2)

Ebenso wie dort liegt auch hier die eigentliche sprechaktsignalisierende Funktion nicht in would, sondern in der Kombination, wodurch man sagen kann, daß nicht die Grundbedeutung von WILL direkt ausgenutzt wird, sondern die Bedeutung von would als Konditionalmarker.

Hier WILL als sprechaktsignalisierend für ein WILLING zu interpretieren, ist wahrscheinlich etwas hergeholt. WILLING ist nur sehr indirekt ausgedrückt. Das Angebot von S an H liegt darin, H das, was H (in der Vermutung von S) möchte, zu ermöglichen.

Alle anderen Formen von WILL, die so etwas wie ein WILLING zu signalisieren scheinen, sind bei näherem Betrachten als UNDERTAKE zu analysieren.


3.2.5.5 Andere Sprechakte  ­ Inhalt

Im Korpus finden sich zwei Fälle von EXCUSE sowie ein Fall von COMPLAIN, in denen WILL vorkommt. WILL signalisiert aber nicht direkt den Sprechakt, sondern wirkt nur zusammen mit anderen Faktoren am Gesamteindruck mit:

I I would have done... but I completely forgot about it (18.2)

yes but I wouldn't put it back... without telling you it was stained (33.2)

Die Rolle von WILL in diesen beiden und den eventuell denkbaren anderen Sprechakten ist marginal. Es handelt sich immer um einen Sprechakt, der oberflächlich ein anderer zu sein scheint als von S intendiert. So ist im letzten Beispiel sicher nicht ein SUGGEST intendiert, sondern ein COMPLAIN, aber dies kann durch das Signal WILL allein nicht gezeigt werden. Es handelt sich eher die Grammatikalisierung von would und will, das aus syntaktischen Gründen in die betreffende Sprechhandlung geraten ist.

 


3.2.6 SHALL  ­ Inhalt

Die Verwendung von SHALL zur Signalisierung verschiedener Sprechakte geschieht im wesentlichen nach denselben Mustern, die wir nun schon von den anderen Modalverben kennen. Einige schon von WILL bekannte Besonderheiten ergeben sich allerdings. Die Grammatikalisierung von shall als Futurmarker in der präskriptiven Norm und die dadurch bedingte komplementäre Verteilung von will und shall in grammatisch gleicher Funktion bringen systemfremde Einflüsse mit sich, da manche Signalfunktionen von SHALL besser auf die außerhalb des Modalsystems angesiedelte futurische Bedeutung zurückgeführt werden als auf die Grundbedeutung von SHALL.

Soweit dies sich nicht durch den heute sehr begrenzten Geltungsbereich verbietet und soweit shall nicht präskriptive Variante von grammatikalisiertem will ist, wird SHALL in den Sprechakten CLAIM, TELL, REMARK in der Grundbedeutung gebraucht.


3.2.6.1 UNDERTAKE (SELBSTVERPFLICHTUNG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter WILL beschrieben.

Ein autonomes SHALL als Signal für UNDERTAKE gibt es nicht. Wenn wir dennoch SHALL in diesem Sprechakt vertreten finden, dann handelt es sich um eine Verallgemeinerung der komplementären Distribution von shall und will in der präskriptiven Norm auf die sprechaktsignalisierende Funktion von WILL in UNDERTAKE. Shall ist also in UNDERTAKE eine stilistische Variante von will. SHALL hat hier eine ihm in der Grundbedeutung völlig fremde Willenskomponente, die ihm von WILL "verliehen" worden ist. Eine weitere Parallele ist, daß should hier aus den gleichen Gründen nicht vorkommt wie auch would nicht.

I shall be more or less straight... (26.4)

I... shall be at the Mini... (09.2)


3.2.6.2 REQUEST (BITTE/BEFEHL)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

Shouldn't you offer me a seat?

You should be showing more respect for me.

Der Hinweis von S auf eine diffuse allgemeine Notwendigkeit impliziert eine Bitte von S an H, p zu tun, wobei P im Interesse von S ist. S gibt dadurch zu erkennen, daß er die Notwendigkeit für tatsächlich gegeben hält.

Schon in der Grundbedeutung hat should eine Implikation von Nicht-Aktualität. Auch hier ist duchzuhören, daß H p nicht getan hat, und man spürt Kritik von seiten S'. Hier liegt eine Parallele zu won't in REQUEST. Ebenso wie dort sind Elemente von COMPLAIN vorhanden; hier wie dort gilt, daß dieses REQUEST zukunftsorientiert ist und eine Korrektur des kritisierten Verhaltens erheischt und thematisiert. Immerhin macht diese Nähe zu einem COMPLAIN die Verwendbarkeit von please, die sonst in REQUEST immer gegeben ist, zweifelhaft.


3.2.6.3 SUGGEST (RATSCHLAG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

You should pay more attention to your health.

You shouldn't work for that company.

Der Hinweis von S auf eine diffuse allgemeine Notwendigkeit impliziert den Ratschlag von S an H, p zu tun, wobei p im Interesse von H ist.

Bei dieser Konstruktion ist should wieder stilistische Variante von would; wie in UNDERTAKE ist die präskriptive Norm in die sprechaktsignalisierenden Verwendungen eingedrungen. Aber hier sind die beiden Formen meist nicht austauschbar, da should ja Nicht-Aktualität impliziert, was bei would nicht der Fall ist.


3.2.6.4 PROPOSE (VORSCHLAG)  ­ Inhalt

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

shall we go and get a taxi then (12.1)

I wonder if we shouldn't (13.2)

Der Hinweis von S auf eine diffuse allgemeine Notwendigkeit impliziert den Vorschlag von S an H, daß S und H p tun.

Shall ist nur in der Frage möglich. Die Verwendung von should läßt sich direkt aus der Grundbedeutung von SHALL ableiten.

3.2.6.5 WILLING (ANGEBOT)

Partnerhypothesen von S und Formale Beschreibung sind die gleichen wie unter CAN beschrieben.

shall I get you one? (26.1)

Hier impliziert die Frage nach einer diffusen allgemeinen Notwendigkeit das Angebot von S an H, selbst zu entscheiden, ob S p tut; p ist in der Regel im Interesse von H.

Die Quelle der Modalität ist in der Grundbedeutung eher persönlich-externer als realweltgesetzlicher Natur. Daher eignet es sich dazu, Entscheidungen und Beschlüsse wie auch Wünsche des Gesprächspartners zu erfragen. Wenn H nicht aufgrund von existierenden Machtstrukturen das Recht hat, über die Ausführung von p zu entscheiden, ist der Gebrauch von SHALL ein Mittel zum Ausdruck von Höflichkeit, bei der sich S H (im Einklang mit der H-Support-Maxime) unterordnet.

Im Gegensatz zu CAN, das das andere in WILLING weithin gebrauchte Modalverb ist, impliziert SHALL, daß sich der Sprecher eine recht genaue Vorstellung von den Bedürfnissen von H macht. Zur Ausführung der Handlung bedarf es eigentlich nur einer affirmativen Mitteilung von H, während bei CAN eine tatsächliche Verpflichtung zur Ausführung von p erst eintritt, wenn die Spezifikation von p geklärt ist. Welche Ausdrucksweise höflicher ist, hängt vom Einzelfall ab. Gelegentlich mag CAN nicht hinreichendes Engagement signalisieren, anderseits wirkt SHALL eventuell zu schroff.

SHALL ist in WILLING (aber ebenso in PROPOSE) am leichtesten aus der Grundbedeutung abzuleiten; es ist hier deutlich erkennbar nicht Tempusmarker oder Konditionalmarker, sondern in der reinen modalen Form erhalten. Nur in diesen Sprechakten ist es möglich und angebracht, SHALL mit deutschem 'sollen' zu übersetzen.

In der Umgangssprache sind WILLING und PROPOSE die eigentliche Domäne von SHALL.

Ganz vereinzelt finden sich auch Formen von SHALL in anderen als den bisher beschriebenen Sprechakten. Diese Vorkommen sind von marginaler Bedeutung, und in der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um grammatikalisiertes SHALL, das dort gebraucht wird.

 


3.3 Epistemische Modalität: OPINE ("MEINUNGSÄUSSERUNG") " ­ Inhalt

Der Sprechakt OPINE ist bisher noch nicht behandelt worden, da er eng verbunden ist mit einer distinkten, bisher noch nicht praktisch behandelten Form der Modalität, der epistemischen Modalität.

Partnerhypothesen von S: S glaubt, daß es im Interesse von S ist, die in seiner Äußerung enthaltene Information zu erfahren und/oder daß die Tatsache an sich, daß S die Äußerung getan hat, potentiell für H von Bedeutung ist.

S glaubt, daß der Wahrheitsswert seiner Aussage - der Wahrheitswert der darin enthaltenen Information - eine Frage der Erfahrung und der persönlichen Meinung, nicht eine der Tatsachen ist.

(Optional, je nach verwendetem Modalverb:) S verpflichtet sich gegenüber H zur Begründung seiner Äußerung auf Verlangen.

Formale Beschreibung: Wie CLAIM: S will, daß H glaubt, daß die in seiner Aussage enthaltenen Information wahr ist108.

Wenn man sich die Voraussetzungen von OPINE ansieht, dann muß man sich fragen, warum dieser Sprechakt eigentlich nicht ebenso behandelt werden kann wie CLAIM, das sich von OPINE nur durch die Tatsache-Meinung-Dichotomie unterscheidet. Um diese Frage beantworten zu können, bedarf es einer genaueren Analyse des in den beiden Definitionen implizit Enthaltenen.

EDMONDSON selbst gibt schon zu bedenken:

It is of course notoriously the case that speakers may differ as to how they interpret the fact/opinion distinction in a particular case109.

Damit trifft er den Kern der Schwierigkeiten. Meines Erachtens kann diese Unterscheidung nur subjektiv interpretiert werden. Versuchten wir, die Diskussion zu verwissenschaftlichen, zu "objektivieren", dann begäben wir uns ganz schnell auf philosophisch unsicheren Grund. Denn was ist die "eigentliche" Natur von Wahrnehmungen und Beobachtungen? Was ist eigentlich eine Tatsache, losgelöst von einem konkreten Menschen, der an sie glaubt? Was bedeuten Begriffe wie "objektive Verifizierung/Falsifisierung" in einem Bezugsrahmen, der von Menschen gebildet und gestaltet wird? Ich bin nicht der Meinung, daß eine solche Diskussion im Rahmen einer linguistischen Analyse, die sich mit einem Thema mit so subjektiven Aspekten wie der Modalität befaßt, fruchtbar sein kann. Man muß sich damit begnügen, die Einstellung der Sprecher zum alleinigen Kriterium der Unterscheidung zwischen CLAIM und OPINE zu machen.

Die entscheidende Frage ist also: Ist der Sprecher vorbehaltlos von der Wahrheit und der Überprüfbarkeit seiner Aussage überzeugt?

Das Kriterium der Überprüfbarkeit dient zur Abgrenzung gegen TELL, da ja die subjektiven Erfahrungen, die S in einem TELL mitteilt, der intersubjektiven Vergleichbarkeit nicht zugänglich sind. Das Kriterium vorbehaltslos bildet den Kern der Unterscheidung zwischen CLAIM und OPINE. Das bedeutet aber keinen Widerspruch zur EDMONDSONschen These. Denn solange S glaubt, daß es sich um überprüfbare Tatsachen handelt, wird er auch weniger dazu neigen, Zweifel oder Vorbehalte am Wahrheitwert seiner Aussage zu äußern, sofern er selbst davon überzeugt ist. S wird also ein CLAIM äußern.

Je weniger aber der Wahrheitwert seiner Behauptung für S bewiesen erscheint, desto eher wird er seinen Vorbehalten - schon wegen der Maxime der Wahrhaftigkeit - Ausdruck verleihen und somit ein OPINE äußern.

Mindestens ebenso bedeutend für die Unterscheidung zwischen CLAIM und OPINE ist die Tatsache, daß der "Glaube" an die Wahrheit und an die Überprüfbarkeit einer Aussage unterschiedlich stark sein können. Das Spektrum der Überzeugtheitsgrade reicht vom vorsichtigen Einräumen einer Möglichkeit bis zum zwingend erscheinenden Schluß, daß es keine andere Möglichkeit geben kann. Ich möchte daher alle Äußerungen, bei denen zu erkennen ist, daß der Sprecher nicht völlig überzeugt von seiner Aussage ist, dem Sprechakt OPINE zuweisen, selbst wenn es sich um eine Tatsachenbehauptung im Sinn eines CLAIM handelt.

Vom Standpunkt von S aus gesehen ist es um die Wahrheit und Überprüfbarkeit ebenso bestellt, wenn er sagt:

Petra is looking sad today.

was "wissenschaftlich" nicht überprüfbar ist, wie wenn er äußert:

(S hat telefonisch erfahren, daß Marthas Wagen auf der Landstraße liegengeblieben ist, weiß aber nicht warum.)

It is highly likely that Martha has simply run out of gas, because her car was in good shape otherwise.

Für S ist eine objektive Tatsache wie ein leerer Tank in der gegebenen Situation nicht überprüfbar.

Es wäre allerdings müßig, zwischen CLAIM und OPINE zu unterscheiden, wenn diese Unterscheidung nur auf einer nicht beobachtbaren Sprechereinstellung beruhte. Es ist jedoch so, daß die englische Sprache (wie auch die deutsche) Mittel zur Verfügung stellt, mit denen der Überzeugtheitsgrad gegebenenfalls verdeutlicht werden kann. Was uns an dieser Stelle besonders interessieren soll, ist der Gebrauch der Modalverben zur Kennzeichnung und Ausdifferenzierung des Sprechaktes OPINE, der epistemische Gebrauch der Modalverben.

 


3.3.1 Unterschiede zwischen epistemischem und nichtepistemischem Gebrauch der Modalverben  ­ Inhalt

Es ist von der Gesprächssituation und besonders von der Stellung der Gesprächspartner zueinander und von ihren Partnerhypothesen abhängig, ob ein Modalverb in der Grundbedeutung oder in einer übertrtagenen Bedeutung als Sprechaktsignal gebraucht wird. Sofern die Partnerhypothesen beider Sprecher kompatibel sind, werden Mißverständnisse selten auftreten.

Nun kommt aber mit der epistemischen Modalität eine ganz andersartige Struktur hinzu, und daher benötigt man auch weitere Entscheidungskriterien. Der Sprecher muß seine Aussage so formulieren, daß er keine unbeabsichtigte Ambiguität einbringt, und auch der Hörer muß Strategien zur Sprechakterkennung haben. So kann ein Satz wie

John may come tomorrow.

aufgefaßt werden als mit der Grundbedeutung von MAY gebildet, wäre also CLAIM:

'John hat die (durch eine andere Person bedingte) Möglichkeit, morgen zu kommen.'

arüber hinaus kann er ein Bericht über ein LICENSE des Sprechers gegenüber John sein:

'Ich sagte zu ihm, ich erlaubte ihm zu kommen (er dürfe, könne usw. kommen).'

Oder aber es handelt sich um den epistemischen Gebrauch von MAY und bedeutet

Es ist möglich, (glaube ich,) daß John kommt.'

H muß nun entscheiden, welche der drei Möglichkeiten S gemeint hat. Im allgemeinen wirkt der Kon- und Kotext desambiguierend. Aber auch ein Prozeß mentaler Elimination wirkt beim Verstehen unterstützend. Wenn es zum Beispiel nach Lage der Dinge nicht möglich ist, daß Johns Kommen von einer Person abhängt, dann verbieten sich die erste und die zweite Lesart. Ist S nicht derjenige, von dem Johns Kommen abhängt, fällt die zweite Lesart aus.

Der epistemische Gebrauch der Modalverben unterliegt etwas anderen selektiven Restriktionskriterien als andere Verwendungsweisen.

Der augenfälligste syntaktische Unterschied zwischen epistemischem und anderem Gebrauch der Modalverben ist es, daß nur beim epistemischen Gebrauch das Modalverb zusammen mit einer progressive form des Hauptverbs stehen kann, während bei allen anderen Verwendungsweisen die Opposition zwischen progressive form und simple form neutralisiert ist. Lautete das obige Beispiel

John may be coming tomorrow.

dann kann es nur eine epistemische Interpretation geben.

Weitere Hilfen bei der Unterscheidung zwischen epistemischen und nichtepistemischen Interpretationen bietet die Tatsache, daß beim Zusammentreffen von zwei modalen Lexemen (wobei das eine immer eins ist, das den klassischen Definitionen von Modalverben nicht entspricht, also ein "Ersatzlexem"), das erste Modalverb immer epistemischen Charakter hat. Und letztlich ist auch die unterschiedliche Häufigkeit der einzelnen Modalverben in epistemischen und nichtepistemischen Verwendungen eine Entscheidungshilfe. Auf diese wird bei den Einzeldarstellungen noch besonders eingegangen werden.

 


3.3.2 Die Beziehungen zwischen den Parametern der Grundbedeutung und den Parametern des epistemischen Gebrauchs der Modalverben  ­ Inhalt

Die Unterteilung der Modalverben in solche der Möglichkeit und solche der Notwendigkeit, wie sie bei der Grundbedeutung gemacht wurde, zeigt sich auch bei der Betrachtung des epistemischen Gebrauchs als sinnvoll. Diese lassen sich gliedern in diejenigen, die glossiert werden können als

'es erscheint mir möglich anzunehmen bzw. zu schließen, daß p'

und die anderen, die aussagen

'es erscheint mir notwendig anzunehmen bzw. zu schließen, daß p'

oder anders ausgedrückt

'die Wahrscheinlichkeit ist hoch, daß p'

Bei den epistemischen Verwendungen der Modalverben der Notwendigkeit ist eine Unterscheidung nach dem Kriterium Quelle der Modalität möglich. Einige Modalverben, epistemisch gebraucht, implizieren nicht die Bereitschaft des Sprechers, konkret zu begründen, warum ihm eine Annahme notwendig/wahrscheinlich erscheint. Es sind dies diejenigen Modalverben, die in der Grundbedeutung eher eine interne Notwendigkeit ausdrücken. Will und kann der Sprecher aber Begründungen geben, dann wird er Modalverben wählen, deren Grundbedeutung eher eine externe Notwendigkeit ist.

Feinere Bedeutungsschattierungen ergeben sich - wie bei anderen Verwendungsweisen - aus der Einsatzmöglichkeit von Konditional-, Frage- und negativen Formen.

 


3.3.3 Epistemisches CAN  ­ Inhalt

Beim epistemischen Gebrauch sind die Rollen von CAN und MAY vertauscht. CAN führt ein eher marginales Dasein, während MAY das vorherrschende Modalverb der epistemischen Möglichkeit ist.

Die Form can selbst wird nicht epistemisch gebraucht, doch can't kann epistemisch verwendet werden. Es dient - wie in der Grundbedeutung - zur Negation der allgemeinen Möglichkeit und damit zur Assertion der Notwendigkeit, daß nicht:

-M(p) = N(-p)

verhält sich also hier nach den Gesetzen der formalen Modallogik.

yeah well there can't be that many Alfas round here (29.3)

... won't last that long can't possibly do (35.2)

Im zweiten Beispiel ist auch eine nichtepistemische Interpretationsmöglichkeit gegeben. Ob die Frageform von can epistemisch gebraucht werden kann, ist fraglich:

? Can any of them be a lawyer?

Could kann epistemisch gebraucht werden. Doch ist auch bei dieser Form eine Vertauschung der Rollen von CAN und MAY zu erkennen, denn epistemisches could ist eine tentativere Form von might.

PALMER ist skeptisch in bezug auf nichtnegatives und nichtinterrogatives epistemisches could und meint, es drücke nur eine theoretische Möglichkeit aus, wie in

This picture could be a Chagall, but is in fact a Braque110.

Die theoretische Möglichkeit scheint PALMER durch den nachfolgenden Nebensatz aufgehoben, so daß erkennbar wird, daß der Sprecher selbst an die Möglichkeit nicht glaubt. Wird der erste Teil des Satzes aber isoliert geäußert, so ist ein andere als epistemische Deutung kaum möglich, zumal ja das Hauptverb statisch ist:

This picture could be a Chagall.

Could ist die am meisten tentative Form zum Ausdruck epistemischer Möglichkeit. Es impliziert daher den größten Zweifel des Sprechers am Wahrheitwert seiner Aussage. Daher ist es auch am ehesten mit einem aber-Nachsatz denkbar, in dem eben diese Zweifel thematisiert werden.

PALMERs Beispielsatz ist auch deutbar als Ellipse von

This looks like it could be a Chagall, but...

Dadurch würden die Kontraste deutlicher, und das epistemische could taucht in einem Nebensatz unter. Die Irrealität ergibt sich dann durch looks like... but. Leider läßt sich diese Transformation nicht allgemeingültig formulieren, so daß ich den endgültigen Beweis für die Unberechtigtheit von PALMERs Zweifeln schuldig bleiben muß.

Über den Status von interrogativem und/oder negativem could bestehen dagegen keine Zweifel:

Yes, well it couldn't have been in April, my lord.

I was wondering if it could have been fear. (aus: Could it have been fear?)111

Bei CAN überwiegen die nichtepistemischen Verwendungsweisen die epistemischen bei weitem, und vielleicht ist die Seltenheit der Belege auf die dadurch steigende Gefahr der Ambiguität zurückzuführen.

 


3.3.4 Epistemisches MAY  ­ Inhalt

Ganz anders MAY. MAY ist das Modalverb der epistemischen Möglichkeit schlechthin.

Allerdings ist es kaum möglich, die Grundbedeutung von MAY, wie sie heute besteht, mit der epistemischen Bedeutung in Einklang zu bringen. Man muß schon auf einen früheren Sprachzustand zurückgreifen, in der MAY noch weitere Bereiche des Spektrums "Möglichkeit" abdeckte. Diese Bereiche wurden im Lauf der Zeit von CAN usurpiert, während sich die epistemische Bedeutung von MAY weitgehend verselbständigte. (Diese autonomistische Tendenz zeigen - in geringerer Ausprägung - auch andere Modalverben, allen voran MUST.)

MAY hat heute fast ausschließlich epistemischen Gebrauchswert. Was letzten Endes den Anstoß zu einer solchen Spezialisierung gegeben hat, kann man nicht mehr feststellen, aber die verschiedenen Push- und Pull-Faktoren, die auch sonst den Bereich der Möglichkeit im historischen Verlauf umstrukturierten, haben bestimmt zusammengewirkt, die heutige Isoliertheit von MAY zu erzeugen. Die Spezialisierung von MAY ist pragmatisch auch durchaus motiviert. Sie ermöglicht einen weitgehend ambiguitätsfreien Gebrauch von MAY als autonomes epistemisches Modalverb.

MIGHT in der Grundbedeutung hatte ich als von MAY weitgehend unabhängig und could nahestehend analysiert. Aber im epistemischen Gebrauch ist might unzweifelhaft tentative Form von MAY.

Epistemisches may und might können mit Propositionen gebraucht werden, deren Referenzhandlung in Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit liegt. Dabei muß natürlich die Einschränkung gemacht werden, daß epistemische Aussagen über die von den Sprechern unmittelbar erlebte Gegenwart nicht gemacht werden können, da über diese keine Unklarheiten bestehen können.

ZUKUNFT:

... you may pay me for six but I know I've done seven (15.3)

... he might er he might change his mind (29.4)

... he might get a bit uptight about it (10.3)

GEGENWART:

The French government may be overreacting to the Chad crisis.

it might be an idea you know (31.3)

VERGANGENHEIT:

Scott may have realized that he couldn't afford the trip.

... I realized that it might have been of great value (26.5)

Bei der epistemischen Verwendung der Modalverben ist die Differenzierung der verschiedenen Tempora der Vergangenheit neutralisiert, wie im Englischen überhaupt bei allen nicht-finiten Formen.

Eine spezielle Verwendungsweise von epistemischen MAY ist die konzessive ('obwohl...'). Sie ist auch dort angebracht, wo Zweifel am Wahrheitsgehalt der propositionalen Aussage nicht bestehen:

... I may not have a university degree but I know simple logic... (15.6)

Der nicht-faktuelle Charakter der epistemischen Modalität erlaubt den Gebrauch von MAY als Mittel zum Ausdruck von Höflichkeit:

... d'you think you might know someone (04.1)

 


3.3.5 Epistemisches MUST/HAVE TO/HAVE GOT TO  ­ Inhalt

MUST wird zum Ausdruck der epistemischen Notwendigkeit gebraucht. Es kann etwa paraphrasiert werden als 'es erscheint mir notwendig anzunehmen/zu schließen, daß...'. Im Gegensatz zu WILL impliziert die Verwendung von epistemischem MUST eine Aussage des Sprechers darüber, daß er aufgrund ihm bewußter, seiner Meinung nach logisch deutbarer Indizien zu seiner Meinung gelangt ist. Die Kette seiner Überlegungen ist logisch nachvollziehbar. Damit ist auch die Verpflichtung verbunden, die Indizien zu nennen, falls diese Behauptung in Zweifel gezogen werden sollte. PALMER hat ein schönes Beispiel für diese Implikation von MUST:

John will be in his office. Yes, the lights are on, so he must be there112.

MUST signalisiert, epistemisch gebraucht, also eine logische Schlußfolgerung. Diese läßt sich aus der Grundbedeutung von MUST herleiten, die als Schwerpunkt eine externe realweltgesetzliche Notwendigkeit hat, also eher objektiv als subjektiv bedingte Notwendigkeit ausdrückt.

Obwohl MUST häufig epistemisch gebraucht wird, ist es nicht so autonom und spezialisiert wie MAY. Daher ist zu erwarten, daß Ambiguitäten zwischen epistemischem und nichtepistemischem Gebrauch häufiger sind und demzufolge Desambiguierungsstrategien häufiger angewendet werden müssen.

Eine Betrachtung der Beispiele im Korpus bestätigt diese Vermutung. Zum einen finden sich keine Beispiele für epistemisches MUST in Verbindung mit Propositionen, deren Referenzhandlung in der Zukunft liegt. In einer solchen Kombination ist also MUST immer nichtepistemisch gebraucht. Die Lücke schließt das Lexem BE BOUND TO, für das auch im Korpus Belege vorhanden sind:

... you are bound to make a mistake now and then as you did the other day (15.7)

Im Bereich der nichtepistemischen Verwendungen sind bei der Mehrzahl der Propositionen Handlungen angesprochen, was für solche Verwendungen typisch ist. Epistemisches MUST - wie alle epistemischen Verwendungen - beziehen sich eher auf Zustände, sind also tendenziell statisch. Diese Schwerpunkteinteilung ist ein mögliches Indiz für die korrekte Interpretation von MUST. Hinzu kommt, daß MUST, in der Grundbedeutung gebraucht, selten ist und HAVE TO/HAVE GOT TO bevorzugt werden. Und letztlich kann in manchen Fällen auch die Verwendung der progressive form für eine Desambiguierung sorgen:

... you must be very upset about it (07.2)

... no you must be mistaken there (15.1)

He must be referring to his experience as a waiter in a French restaurant.

Mit Propositionen in der Vergangenheit ist MUST genauso frei verwendbar wie MAY.

... you must have realized someone was there (20.1)

... he must have referred to the woman as attractive (40.2)

... you must have really conceded defeat tonight (38.3)

Epistemisches MUST ist tentativer als eine direkte Feststellung und daher gegebenenfalls auch höflicher. Man vergleiche:

I think your calculations must be wrong (15.2) I think your calculations are wrong. Your calculations are wrong.

In seltenen Fällen kann auch HAVE TO epistemisch gebraucht werden, aber allgemein deutet HAVE TO auf nichtepistemischen Gebrauch hin. Der epistemische Gebauch von HAVE GOT TO scheint eine amerikanische Spezialität zu sein113. Das könnte damit zusammenhängen, daß HAVE GOT TO im Amerikanischen seltener nichtepistemisch gebraucht wird und dort HAVE TO vorgezogen wird. Leider liegt es außerhalb der Reichweite dieser Arbeit, diesen Eindruck empirisch zu untermauern. Im (britischen) Korpus kommen keine Beispiele für epistemisch gebrauchtes HAVE TO oder HAVE GOT TO vor.

 


3.3.6 Epistemisches WILL  ­ Inhalt

WILL dient ebenso wie MUST zur Bezeichnung der epistemischen Notwendigkeit. Im Unterschied zu MUST ist aber durch die Verwendung von epistemischem WILL nicht impliziert, daß ein spezifischer Grund für die ausgesprochene Annahme besteht und dem Sprecher bewußt ist. Eine "Belegpflicht" ist demzufolge nicht gegeben. PALMER ist derselben Ansicht, wenn er sagt:

... While will indicates a confident statement, must suggests a confident conclusion from the evidence available114.

Der Unterschied läßt sich schon aus der Grundbedeutung herleiten, da MUST schwerpunktmäßig eine externe realweltliche Notwendigkeit bezeichnet, also von außen überprüfbar ist, während WILL eine interne Notwendigkeit bezeichnet.

Wenn dies alles wäre, was für epistemisches WILL spezifisch ist, könnte man hier abbrechen und WILL ähnlich wie MUST analysieren. Unglücklicherweise ist - wie oft bei WILL - die Situation komplexer. Wenn die durch die Proposition bezeichnete Handlung in der Gegenwart oder in der Vergangenheit liegt, gilt die obige Analyse uneingeschränkt115.

erm you 'll be Robert Robert Jordan is that right (29.1)

He will have been the first one to leave, as usual.

... an and the Rover will be on the side (109.2)

Anders verhält es sich, wenn die Handlung in der Zukunft liegt. Wir wissen ja, daß WILL auch als Tempusmarker des Futurs dienen kann. Dies läßt sich aus der Grundbedeutung herleiten oder auch aus dem sprechaktsignalisierenden Gebrauch von WILL in UNDERTAKE. Ich hatte festgestellt, daß das, was gemeinhin als das englische Futur betrachtet wird, vieles mit modalen Aussagen gemeinsam hat, allem voran die Tatsache, daß es um (noch) nicht ausgeführte Handlungen geht. Wir sind es gewohnt, syntaktisch-semantisch die Zukunft ebenso wie die Gegenwart oder die Vergangenheit zu sehen. Aus dieser Auffassung heraus entstehen in den Lehrbüchern die Zeitvektoren, an denen die Verwendung der englischen Tempora veranschaulicht ist. Das ist aber nicht richtig. Gegenwart ist erfahrbar, Vergangenheit erinnerbar - über die Zukunft haben wir nur mehr oder weniger zuverlässige Hypothesen. Epistemisches WILL aber bezeichnet eine unbegründete zuversichtliche Meinung. Somit liegt es nahe, das englische Futur als den epistemischen Gebrauch von WILL zu analysieren. Dies wäre dann die dritte Möglichkeit einer Herleitung des englischen Futurs.

Aber auch diese Interpretation stellt für sich allein genommen eine unzulässige Vereinfachung dar. WILL, wie es heute als Futurmarker gebraucht wird, hat viele Charakteristika seiner drei möglichen Ursprünge verloren.

Ein Sprecher, der sich über Zukünftiges äußert, ist sich oft genug des Hypothetischen seiner Äußerung nicht bewußt. Er wird vieles Zukünftige als ebenso unveränderlich empfinden wie Gegenwärtiges und Vergangenes. Dabei geht auch die Unterscheidung zwischen Belegbarem und Unbegründbarem verloren. Aus diesem Grund gibt es auch epistemisches MUST mit Zukunftsreferenz nicht. WILL kann mit Zukunftsreferenz ebenso begründbar sein wie MUST in Gegenwart und Vergangenheit. Ich will dieses Phänomen an einigen Sätzen demonstrieren.

Relativ einfach zu akzeptieren ist die epistemische Komponente in Sätzen wie

... Simon will be pissed (05.6)

Auch wenn andere Modalverben zu WILL hinzutreten, ist sie eindeutig vorhanden (nur bei "Ersatz"-Modalverben möglich):

we 'll have to try and do something about this allergy (16.1)

Die Proposition ist zukünftig, aber die Notwendigkeit ist auch gegenwärtig. Das deutsche Lexem, mit dem sich der epistemische Gehalt von WILL am leichtesten übersetzen läßt, ist die Modalpartikel wohl.

Undeutlicher sind

will that be enough (27.1)

... in situations where it will not help us (37.5)

und

it won't last that long can't possibly do (35.2)

Im Bewußtsein des Sprechers nicht mehr epistemisch sind Beispiele wie

Tomorrow the sun will go up at 6 AM precisely.

Hier handelt es sich um die Wirkung eines unumstößlichen Naturgesetzes, dessen mögliche Ungültigkeit kein Bestandteil menschlichen Vorstellungsvermögens ist. Ist der Sprecher naturwissenschaftlich geschult, wird er die Behauptung auch begründen können. Die Äußerung ist nicht mehr OPINE; sie hat denselben Realitätswert wie

Yesterday it rained heavily.

Hier noch Hypothetisches zu vermuten, ist psychologisch irreal und spitzfindig. So ist es auch zu erklären, daß WILL im Komplement zu Konditionalsätzen gebraucht werden kann, auch wenn der Mechanismus von Ursache und Wirkung genau bekannt ist:

If you press the red button the overhead lights will come on.

Das ist übrigens zu unterscheiden von konditionalem UNDERTAKE:

If you help me with the dishes I 'll give you a hand in the garden.

Aber auch hier sind die Übergänge fließend, denn eine überzeugte Aussage beinhaltet auch immer irgendwo eine "sozial einklagbare" Wahrheitsgarantie.

Das Modell trägt also nicht viel zur Unterscheidung zwischen den betrachteten Fällen (UNDERTAKE, epistemischer Gebrauch) bei. Die Frage nach der Herkunft des englischen Futurs wird nicht schlüssig beantwortet. Es ist nur klargeworden, wie das Tempus Futur mit UNDERTAKE und OPINE mit Zukunftsreferenz zusammenhängt. Aber mehr ist auch nicht nötig. Die Diskussion um die Natur des englischen Futur mit WILL ist weitgehend akademisch. Die Unschärfe der Übergänge entspricht einer in den Sprechern existierenden Unschärfe der Überzeugtheitsgrade. Zu Verständigungsproblemen wird dies kaum führen, denn im Regelfall ist das Verständnis der realen Zusammenhänge in der Welt ein Teil der Gemeinsamkeiten zwischen Sprechern, die eine Kommunikation erst ermöglichen. Der Hörer kann also die Gedankenkette des Sprechers nachvollziehen und selbst beurteilen, woher das Vertrauen des Sprechers in die Wahrheit oder Schlüssigkeit seiner Aussage über die Zukunft stammt. Viele Belege für WILL sind nicht klar in eine der theoretischen Kategorien einzuordnen; sie sind manchmal auch neutral. Die Analysearbeit wird hier weitgehend dem Hörer überlassen.

In diesem Zusammenhang interessiert auch die mögliche Bildung eines Futurs mit BE GOING TO. Es bestehen deutliche Überschneidungen mit WILL, aber BE GOING TO schließt die epistemische Komponente mehr aus. Der Sprecher ist seiner Einschätzung sicherer.

The paint 'll be dry in an hour.

The paint is going to be dry in an hour116.

Vielleicht entspricht dann BE GOING TO eher der Vorstellung eines rein temporalen Futurmarkers als WILL. Allerdings belegen dies die Korpusbeispiele nur schlecht. Oft läßt sich eine deutliche Interpretation oder Abgrenzbarkeit zu WILL nicht aufzeigen. Doch scheint dies die Behauptung zu untermauern, daß die "eigentlichen" Modalverben einer epistemischen Interpretation weitaus zugänglicher sind als die "Ersatz"-Modalverben.

Epistemisches would ist tentativere Form von epistemischem will. Zwar schließt die relative Überzeugtheit des Sprechers von seiner Aussage scheinbar den Gebrauch einer tentativen Form aus - es steht ja auch als Alternative MAY zur Verfügung - aber Höflichkeit oder Erfordernisse der Zeitenfolge machen seinen Gebrauch gelegentlich nötig. Korpusbeispiele finden sich nicht.

Epistemisches would kann sich gelegentlich auch auf Vergangenes beziehen:

A: On my way up I noticed a man with a broken leg stumbling down the stairs. B: That would be Mr. Pitts, our neighbor.

Durch alle epistemisch gebrauchten WILL kann ein CLAIM als OPINE verschleiert werden, wenn dies aus der H-Support-Maxime heraus geboten erscheint.

 


3.3.7 Epistemisches SHALL  ­ Inhalt

Die Form shall hat keinen epistemischen Gebrauchswert. Nur die tentative Form should kann epistemisch gebraucht werden.

Wie bereits bei der Beschreibung der Grundbedeutung von SHALL gesagt, bleibt die Quelle der Modalität bei should diffus. Daher ist auch bei epistemischem should eine gedachte Entität wie "gesunder Menschenverstand" Ursprung einer epistemischen Wahrheitswerteinschätzung. Should bezeichnet ähnlich wie das epistemische MUST eine vom Sprecher angenommene Notwendigkeit des Eintreffens eines Sachverhalts, aber should hat - ebenfalls aus der Grundbedeutung ableitbar - eine Konnotation von Nicht-Aktualität:

... and I think a course like that should give me the fluency I need (01.2)

Nicht-Aktualität im epistemischen Sinne bedeutet, daß der Sprecher Gründe hat, an der Notwendigkeit seiner Schlußfolgerung zu zweifeln, und in der Regel auch diese Zweifel begründen kann. Dies ist eine Umkehrung von MUST, wo der Sprecher gegebenenfalls verpflichtet ist, seine Annahme selbst zu begründen. Daher stehen Sätze mit epistemischem should oft im Zusammenhang mit Konditionalsätzen oder einschränkenden but- Sätzen:

He should be home by this time, but he may have stopped for lunch somewhere.

If he has't stopped for lunch somewhere he should be home by now.

Should gilt immer einschränkend unter der Bedingung, daß nicht andere, nicht thematisierte Bedingungen das Eintreffen einer Handlung oder eines Ereignisses verhindern. Dieses epistemische should wird bei der Übersetzung ins Deutsche am besten durch die Hinzufügung von eigentlich genauer wiedergegeben.

Zusätzlich zu den schon beschriebenen Desambiguierungsmöglichkeiten gibt es die Möglichkeit, statt should das Lexem OUGHT TO zu gebrauchen, um eine epistemische Lesart auszuschließen.

 


4 Schlußbemerkungen  ­ Inhalt

Es ist jetzt, nach der Fülle von Einzelbetrachtungen und Einzelanalysen, an der Zeit, eine Einschätzung des Wertes der eingangs aufgestellten Grundhypothesen zu geben.

Meines Erachtens ist es gelungen, durch die Trennung von Pragmatik und Semantik etwas Licht auf einige mit anderen Methoden nur unzureichend zu systematisierende Verwendungsweisen der Modalverben zu werfen. Dabei konnte besonders die Interessen- und Bewußtseinslage von Sprecher und Hörer besser als sonst möglich in die Analyse einbezogen werden. Die Voraussetzungen für die Decodierung kann man mit Hilfe der Grundhypothesen so darstellen, wie sie sich für den Hörer tatsächlich zeigen. Die Bewußtseinslage des Hörers ist für die Kommunikation mindestens genauso wichtig wie die des Sprechers, ein Aspekt, der allgemein in semantischen, aber auch in pragmatischen linguistischen Analysen eher vernachlässigt wird. Ich bin davon überzeugt, daß die Anwendung eines Modells von Beziehungen zwischen Gesprächspartnern wie des in dieser Arbeit entworfenen ein erster Schritt zur Einbettung der Betrachtung sprachlicher Äußerungen - in diesem Fall solcher mit Modalverben - in das Umfeld der Sprechsituation ist.

Dabei sollen aber auch die aufgetretenen Schwierigkeiten und Verkürzungen nicht unerwähnt bleiben. In den Einzelanalysen zeigte sich immer wieder, daß manche Verwendungsweisen nur in Verbindung mit besonderen Sprechsituationen erklärt werden konnten. Dadurch hat die Analyse nicht so elegant ausfallen können, wie dies das recht einfache Modell zunächst zu suggerieren schien. Ich würde aber nicht so weit gehen wollen, das als generelle Schwäche dem verwendeten Modell anzulasten. Vielmehr muß ein Modell flexibel bleiben, damit der komplizierten sprachlichen Wirklichkeit nicht beim Versuch, sie zu erklären, Gewalt angetan wird. Immerhin wurde von der grundsätzlichen Prämisse nicht abgewichen, auch Sonderfälle aus der Sprechsituation heraus und nicht durch unmotivierte Postulierung zusätzlicher Bedeutungen wie 'CAN kann auch noch x,y,z heißen' zu erklären.

Manche Unebenheiten erklären sich auch daher, daß es unmöglich ist, innerhalb eines beschränkten Rahmens alle für den Gebrauch bestimmter sprachlicher Formen bestimmenden Faktoren in die Analyse einzubeziehen. So ist das Problem der Idiomatisierung einzelner, sehr spezifischer Verwendungsweisen als einer besonderen Art und Weise der Konventionalisierung und daher Semantisierung einer Verwendungsweise nur gelegentlich, wie bei SHALL in der Juristensprache, gestreift worden. Allgemein ist die Stilebene nur dann berücksichtigt worden, wo sie sich aus den Beziehungen zwischen den Gesprächsteilnehmern ergab, und nicht dort, wo sie einfach Bestandteil des Gesprächskontexts für alle Beteiligten darstellt. Auch die Dialektunterschiede, insbesondere zwischen der amerikanischen und der britischen Variante des Englischen, konnte im vorgegebenen Rahmen nicht, wie es eigentlich notwendig gewesen wäre, angemessen berücksichtigt werden.

Dennoch bin ich der Meinung, daß der hier eingeschlagene Weg seine Berechtigung hat und auch weiterverfolgt werden sollte, stellt er doch eine Anwendung von Forschungsergebnissen der Gesprächsanalyse auf ein einzelnes Gebiet der Grammatik dar und somit eine integrative Bemühung.

Abschließend sei noch ein Wort zur dritten Grundhypothese gesagt, die die diachronische Perspektive des Gebrauchs der Modalverben thematisierte. Sie wurde im Rahmen dieser Arbeit gelegentlich als Erklärungsversuch herangezogen, bildete aber keinen Schwerpunkt der weitgehend synchronisch orientierten Themensetzung. Hier liegt aber noch - gerade auf dem Gebiet der Modalverben - ein weites mögliches Betätigungsfeld.

Die Betrachtung des Sprachwandels unter pragmatischen Gesichtspunkten ist meiner Meinung nach geeignet, auch für die synchronische Analyse wertvolle Ergebnisse zu liefern, da sich ja jede Sprache zu jeder Zeit im Wandel befindet - auch wenn dies den Sprechern selten bewußt wird - und daher offensichtliche Ungereimtheiten im Sprachgebrauch ihre Ursachen auch in der Implementierung verschiedener Stadien der im Laufe befindlichen Sprachentwicklung in den einzelnen Sprechern haben. Die Analyse der Semantik und der Pragmatik der Modalverben im historischen Wandel wird Thema einer weiteren Arbeit sein.

 


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6 Grafische Konventionen ­ Inhalt

Die Herkunft der Beispiele (in Schreibmaschinenschrift ausgedruckt) ist an deren Ende dokumentiert. Befindet sich hinter dem Beispiel ein Vermerk in der Form (01.1), dann handelt es sich um einen Korpusbeleg aus dem Dialog 01 von Seite 1 der betreffenden Transkription. Korpusbelege sind auch an der fehlenden Interpunktion kenntlich. Auslassungen zu Beginn, zu Ende oder in der Mitte des Gesprächsbeitrags sind durch drei Punkte (...) kenntlich gemacht. Bei Beispielen aus der Literatur ist die Herkunft der zugehörigen Anmerkung zu entnehmen. Fehlt ein Hinweis auf die Quelle eines Beispiels, ist das Beispiel fabriziert.

Lexeme werden in KAPITÄLCHEN, Formen von Lexemen kursiv wiedergegeben. So umfaßt CAN nicht nur die Form can, sondern auch could usw. Bedeutungen und Paraphrasen werden in einfachen Anführungszeichen ('') angegeben. Sprechakte erscheinen in KURSIVEN GROSSBUCHSTABEN. Um eine eindeutige Terminologie zu wahren, wurden die englischen Bezeichnungen der Sprechakte beibehalten.

Eigene Hervorhebungen erscheinen ebenfalls kursiv. Autorennamen erscheinen in GROSSBUCHSTABEN. Alle Anmerkungen sind fortlaufend numeriert.

Die häufigen Abkürzungen S und H bezeichnen den jeweiligen Sprecher bzw. Hörer; p bezeichnet das Prädikat einer Proposition.

7 Anmerkungen ­ Inhalt

 

1 Theodor Lewandowski: Linguistisches Wörterbuch. 3 Bände. Heidelberg: Quelle & Meyer, 1973. Seite 420.

2 Ebenda.

3 Martin Joos: The English Verb: Form and Meaning. Madison: The University of Wisconsin Press, 1964. Seite 149.

4 Welcher Art die modalen Komponenten sind, muß an dieser Stelle noch offengelassen werden.

5 Ein Blick auf die Geschichte der englischen Sprache unterstützt diesen Standpunkt. So bezeichnen die mittelenglischen Formen von CAN und MAY eindeutig die geistige bzw. physische Fähigkeit eines handlungsfähigen Subjekts, eine Handlung auszuführen.

6 Frank R. Palmer: Modality and the English Modals. London und New York: Longmans, 1979. Seite 41.

7 Man beachte den Gebrauch der progressive form, die ja ein statisches BE enthält.

8 Eve A. Sweetser: "Root and epistemic modals: Causality in two worlds", in: Proceedings of the Eighth Annual Meeting of the Berkeley Linguistic Society, Berkeley, California, 1982, 484-507. Hier: Seite 484.

9 Sweetser, "Root and epistemic modals...", Seite 504, Fußnote 2.

10 Eine formale Diskussion syntaktischer Kriterien findet sich in: R.D. Huddleston: "Some theoretical issues in the description of the English verb", in: Lingua 40 (1976), 331-383.

11 Für eine genauere Beschreibung des Korpus verweise ich auf Willis Edmondson: Spoken Discourse: A Model for Analysis. London und New York: Longman, 1981. Seite 75ff.

12 Joos: Meaning and the English Verb. Seite 147.

13 Geoffrey N. Leech: Principles of Pragmatics. London und New York: Longman, 1983. Seite 6

14 R. W. Zandvoort: A Handbook of English Grammar. 6., revidierte Auflage. London: Longman, 1966. Seite 65.

15 W. F. Twaddell: The English Verb Auxiliary. Providence, Rhode Island: Brown University Press, 1963. Seite 14.

16 Twaddell, The English Verb Auxiliary, Seite 13.

17 Nach Joos, Meaning, Seite 149-150.

18 Joos, Meaning, Seite 164.

19 Joos, Meaning, Seite 166.

20 Joos, Meaning, Seite 173ff.

21 Lowell Bouma: The Semantics of the Modal Auxiliaries in Contemporary German. The Hague: Mouton, 1973. Seite 29-30.

22 Lowell Bouma: "On contrasting the semantics of the modal auxiliaries in English and German", in: Lingua 37 (1975), 313-339. Hier: Seite 322.

23 Madeline Elisabeth Ehrman: The Meaning of the Modals in Present-Day American English. The Hague/Paris: Mouton, 1966. Seite 24.

24 Palmer, Modality, Seite 11-12.

25 Ehrman, Meaning of the Modals, Seite 9.

26 Ehrman, Meaning of the Modals, Seite 74.

27 Palmer, Modality, Seite 11-12.

28 Geoffrey N. Leech: Toward a Semantic Description of English. London: Longman, 1969. Seite 202.

29 Leech, Semantic Description, Seite 204.

30 Leech, Semantic Description, Seite 207, 208, 211, 212, 215, 223, 224.

31 Julian Boyd/J. P. Thorne: "The semantics of modal verbs", in: Journal of Linguistics 5, 57-74. Hier: Seite 57.

32 John L. Austin: How to Do Things with Words. London: Oxford University Press, 1962.

33 Boyd/Thorne, "The semantics of modal verbs", Seite 70-71.

34 Frank R. Palmer: "Modals and actuality", in: Journal of Linguistics 13 (1977), 1-23. Hier: Seite 11.

35 Palmer, "Modals and actuality", Seite 4.

36 Leech, Pragmatics, Seite 14.

37 Leech, Pragmatics, Seite 13-15.

38 Allerdings nicht immer. Daher zieht Leech, Pragmatics, Seite 13-14, es vor, von goals statt von intentions zu sprechen.

39 Hans Hannappel/Hartmut Melenk: Alltagssprache: Semantische Grundbegriffe und Analysebeispiele. München: Wilhelm Fink, 1979. Seite 55.

40 Ebenda.

41 H.P. Grice: "Logic and conversation", in: P. Cole und C. Morgan (Hrsg.): Speech acts. New York 1975, 41-58. Hier: Seite 45.

42 Grice, "Logic and conversation", Seite 45-46.

43 Grice, "Logic and conversation", Seite 48.

44 Grice, "Logic and conversation", Seite 48.

45 Grice, "Logic and conversation", Seite 49-50.

46 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 25.

47 Stephen C. Levinson: Pragmatics. (Cambridge Textbooks in Linguistics.) Cambridge: Cambridge University Press, 1983. Seite 89.

48 P. Brown/S. Levinson: "Universals in language usage: Politeness phenomena", in: E. Goody (Hrsg.): Questions and Politeness: Strategies in Social Interaction. Cambridge: Cambridge University Press, 1978, 291-347.

49 Austin, How to Do Things with Words.

50 John R. Searle: "A classification of illocutionary acts", in: Language in Society 5 (1976), 1-23.

51 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 23.

52 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 30.

53 Für eine eingehende Analyse der Verwendung des Feldbegriffs in der Linguistik siehe G. S. Scur: Feldtheorien in der Linguistik. (Sprachen der Gegenwart 42.) Düsseldorf: Schwann, 1977.

54 Bouma, Semantics of the Modal Auxiliaries, Seite 29-30.

55 Bouma, "On contrasting...".

56 Bouma, Semantics of the Modal Auxiliaries, Seite 31.

57 Palmer, Modality, Seite 37.

58 Geoffrey Leech/Jennifer Coates: "Semantic indeterminacy and the modals", in: Sidney Greenbaum u.a. (Hrsg.): Studies in English Linguistics. London und New York: Longman, 1979, 79-99.

59 Leech/Coates, "Semantic indeterminacy...", Seite 80.

60 Oxford English Dictionary, Stichwort can.

61 Ewald Standop, Syntax und Semantik der modalen Hilfsverben im Altenglischen. Bochum: Pöppinghaus, 1957. Hier: Seite 60.

62 Ewald Standop, Syntax und Semantik der modalen Hilfsverben im Altenglischen. Bochum: Pöppinghaus, 1957. Hier: Seite 60.

63 Oxford English Dictionary, Stichwort may, und Standop, Syntax und Semantik, Seite 18ff.

64 Standop, Syntax und Semantik, Seite 19.

65 Oxford English Dictionary, Stichwort must.

66 Standop, Syntax und Semantik, Seite 67-68.

67 Palmer, Modality, Seite 64-65.

68 Palmer, Modality, Seite 93.

69 Oxford English Dictionary, Stichwort will.

70 Standop, Syntax und Semantik, Seite 133-134.

71 Noch bei Shakespeare haben die Vorkommen von WILL im Sinne von 'wollen' ein leichtes Übergewicht über die anderen Verwendungen (Ehrman, Meaning of the Modals, Seite 86).

72 Beispiel von Palmer, Modality, Seite 106.

73 Twaddell, The English Verb, Seite 211.

74 L. Jenkins, Modality in English Syntax. Dissertation am Massachusetts Institute of Technology, 1972. Zitiert nach Palmer, Modality, Seite 118.

75 Palmer, Modality, Seite 119.

76 Oxford English Dictionary, Stichwort shall.

77 Standop, Syntax und Semantik, Seite 94.

78 Artikel Sieben der amerikanischen Verfassung, zitiert nach Paul K. Padover, The Living U.S. Constitution. 2.,revidierte Ausgabe. New York und Toronto: The New American Library, 1968.

79 Aus einem Mietvertrag zwischen der Firma Blacklidge Realty, Berkeley, und mir aus dem Jahr 1978.

80 Palmer, Modality, Seite 100.

81 Beispiel von Ehrman, Meaning of the Modals, Seite 59.

82 Edmondson, Spoken Discourse.

83 Allerdings kann gelegentlich die Aussage so verklausuliert sein, daß dies nicht der Fall ist. Implizit ist aber dennoch einer der Gesprächsteilnehmer angesprochen. Wenn zum Beispiel S zu H sagt Kann die Katze nicht mal rechtzeitig fressen, so daß sie mir nicht dauernd auf den Zeiger geht, so kann dies durchaus so gemeint sein, daß S dem H nahelegt, die Katze zu füttern.

84 Die Problematik dieser Partnerhypothese und ihre Bedeutung für die Analyse der Sprechakte und der in ihnen enthaltenen Modalverben wird ab Kapitel 3.3 noch näher einzugehen sein.

85 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 143.

86 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 146.

87 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 144.

88 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 141.

89 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 142.

90 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 142.

91 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 142.

92 Speziellere, anders gelagerte Fälle, wie one of us could talk to him, ändern nichts an dieser Regel.

93 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 142.

94 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 142-143.

95 Vergleiche Grice, "Logic and conversation", Seite 48.

96 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 143.

97 Diese Einschränkung gilt nur für CAN in PROPOSE, nicht aber für z.B. HAVE TO.

98 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 143.

99 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 147.

100 Hier ergibt sich eine Parallele zu MUST-HAVE TO/HAVE GOT TO, die auch häufig in diesen Sprechakten gebraucht werden.

101 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 147.

102 G.H. Von Wright: An Essay in Modal Logic. Amsterdam: Noord-Holland 1957. Palmer, Modality, Seite 3-4, übernimmt den Terminus und den Inhalt dieser besonderen Form der Modalität.

103 Palmer, Modality, Seite 60.

104 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 142.

105 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 144.

106 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 142.

107 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 144.

108 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 143-144.

109 Edmondson, Spoken Discourse, Seite 144.

110 Palmer, Modality, Seite 41.

111 Ich nehme ein Beispiel von Palmer, Modality, Seite 156, da sich im Korpus keine wirklich überzeugenden Beispiele finden.

112 Palmer, Modality, Seite 47.

113 Palmer, Modality, Seite 46.

114 Palmer, Modality, Seite 46.

115 Übrigens ist eine epistemische Lesart bei statischen Verben - wie bei allen Verwendungen der Modalverben - wahrscheinlicher als bei anderen Verben.

116 Beispiel von Palmer, Modality, Seite 123.


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